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Nicht auf den Schaden, auf den Anspruch kommt es an
Die verjährungsrechtliche Trennungsthese auf dem Prüfstand:
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OGH: Unternehmer bei Phishing-Attacke auf Konto selbst schuld. 150-Euro-Haftungsgrenze gilt nur für Konsumenten
Wien – Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich erstmals zum Verschulden von Bankkunden bei einer Phishing-Attacke geäußert. Laut dem neuen Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) müssen Banken einen von Betrügern abgebuchten Betrag unverzüglich auf das Kundenkonto zurückerstatten. Bei einer leichten Verletzung der Sorgfaltspflicht haften Konsumenten mit maximal 150 Euro. Für Unternehmer gilt diese Grenze nicht zwingend.
Bedingungen des Konsumierens (III)
Bedingungen des Konsumierens (III)
Auch in einem weiteren Fall [1] hat die AK unzulässige Klauseln erfolgreich vor Gericht bekämpft. Dabei ging es um „Kundenrichtlinien für das M*****-Service und für das Q*****-Service“ eines Kreditunternehmens. Aus dieser Entscheidung können wir viel lernen, wie der gesetzliche Kundenschutz bei AGBs (vgl. schon den Vor-Artikel Bedingungen des Konsumierens II) abläuft, nämlich:
Bedingungen des Konsumierens (II)
Größte Bedeutung unter den Bedingungen des Konsumierens haben für uns Verbraucherinnen und Verbraucher die „Allgemeinen Geschäfts-Bedingungen“ der Unternehmen, kurz „AGB“.
Verjährungsbeginn bei Beschwichtigung
Recht haben und Recht kriegen sind, wie inzwischen jeder weiß, zweierlei. [1]
Das muss gar nicht an der Qualität der Anwaltskanzlei liegen, die das Recht verfolgt, und auch nicht an einer – fälschlich oft als unberechenbare „Black Box“ vorgestellten – Justiz, vor der man angeblich, so wie auf hoher See, „in Gottes Hand“ sei.
Rücktritt von Lebensversicherung
Nicht alle Verfahren werden unterbrochen
Ende Juli 2019 hat das Handelsgericht Wien mit Urteil (nicht rk.) unserer Klage überwiegend stattgegeben:
Eine fehlerhafte Belehrung über das Rücktrittsrecht führt zu einem unbefristeten Rücktrittsrecht. Der Anspruch kann daher nicht verjähren. Die Konsequenz ist, dass die Versicherung dem Kläger, der bis Ende 2018 zurückgetreten ist, nicht bloß den Rückkaufswert, sondern sämtliche geleisteten Prämien (verzinst) zurückzuzahlen hat, nur die von der Versicherung an den Staat abzuführende Versicherungssteuer nicht.
Zinsen wurden allerdings nicht zur Gänze zugesprochen. Dagegen werden wir wohl berufen müssen. Denn das widerspricht den Schlussanträgen der Generalanwältin zur fünften Vorlagefrage in der Rechtssache C‑479/18 (vgl. Rz 96):
Das Handeslgericht Wien beruft sich noch auf § 1480 ABGB, wonach „Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen [ … ], in drei Jahren [erlöschen]." Ansprüche können aber nicht verjähren, bevor sie entstanden sind, und auch nicht, bevor der Berechtigte von ihnen Kenntnis erlangt hat. Die Verjährung kann also erst ab Ausübung des Rücktrittsrechts zu laufen beginnen. Insbesondere kann das unionsrechtlich garantierte Rücktrittsrecht nicht effektiv ausgeübt werden, wenn die daraus resultierenden Ansprüche bereits schwinden, bevor der Versicherungsnehmer überhaupt über sein Recht belehrt wurde. Daher steht Unionsrecht der nationalen Regelung des § 1480 ABGB entgegen.
Neue Rechtslage ab 2019
Die bereits seit einiger Zeit von Konsumentenschützern heiß diskutierte Gesetzesänderung in der Causa „Rücktritt vom Lebensversicherungsvertrag“ wurde von der Bundesregierung beschlossen und ist seit dem 01.01.2019 geltendes Recht.
Was sieht die Novelle des Versicherungsvertragsgesetzes Neues für die Versicherungsnehmer vor?
Die wohl wichtigste Änderung ist, dass der Versicherungsnehmer nicht wie bisher bei mangelnder Belehrung von der Lebensversicherung zurücktreten kann und sämtliche eingezahlten Prämien erstattet werden.
Die neue, versicherungsfreundliche (und damit verbraucherfeindliche) Regelung unterscheidet vielmehr wie folgt:
- Erfolgt die Rücktrittserklärung im ersten Jahr nach Vertragsabschluss, ist die gesamte Prämie einschließlich der Abschlusskosten zurückzuerstatten, aber ohne Zinsen.
- Erfolgt der Rücktritt ab dem zweiten und bis zum Ende des fünften Jahres, wird der Rückkaufswert ohne Abschlusskosten und ohne Stornogebühren ausbezahlt.
- Ab dem sechsten Jahr soll nur noch der Rückkaufswert abzüglich Stornogebühren erstattet werden; etwas, das Sie auch so erreichen könnten. Mithin bleibt eine fehlerhafte Belehrung nach Ablauf von fünf Jahren völlig sanktionslos!
Diese Bestimmung regelt sowohl künftige Verträge als auch Altverträge, wirkt damit in gewisser Weise also zurück! Sie können daher bei einer fehlerhaften oder gänzlich ausgebliebenen Rücktrittsbelehrung zwar nach wie vor den Rücktritt vom Vertrag erklären. Jedoch ist dieser Rücktritt dann zahnlos, weil man aufgrund der neuen Rechtslage bei einem Spätrücktritt nur noch den Rückkaufswert erhält.
Hält das versicherungsfreundliche Gesetz?
Obwohl die Regierungsparteien selbst, die die neue Regelung beschlossen haben, diese Bestimmung als sehr konsumentenfreundlich bezeichnen, wird die Novelle von Konsumentenschützern als direkte Umsetzung der Wünsche der Versicherungswirtschaft kritisiert. Der EuGH wird darüber früher oder später zu entscheiden haben:
Denn es bestehen Bedenken, ob das neue Gesetz mit dem Unionsrecht konform geht, zumal die neue Regelung im Widerspruch zum unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz stehen könnte.
Daher steht das Gesetz nicht auf sicheren Beinen, zumal der EuGH die Bestimmung wieder kippen könnte. Auf jeden Fall wird es in dieser Sache noch spannend werden.
Rücktritt von Lebensversicherung – Kostenfreier Erstkontakt
Klassische und fondsgebundene Lebensversicherungen entwickeln sich vielfach nicht wie versprochen oder erwartet. Immer mehr Urteile, auch in Österreich, zeigen aber einen Ausweg:
Eine fehlende oder falsche Rücktrittsbelehrung zu Vertragsbeginn berechtigt Sie auch heute noch zum Rücktritt und damit zum Widerruf des gesamten Versicherungsvertrages. Dies sogar dann, wenn der Vertrag inzwischen bereits geendet haben sollte: Dann sind alle einbezahlten Beiträge und Kosten samt 4% Zinsen an Sie zurück zu zahlen, nicht nur der meist niedrige "Rückkaufswert".
Nach Schätzungen sind mehr als die Hälfte aller Rücktrittsbelehrungen ab 1994 fehlerhaft - Ihre auch?
Bei vielen unserer Klienten ergibt die Prüfung bereits eine fehlerhafte Rücktrittsbelehrung und damit das Recht auf viel mehr Geld als angenommen (gilt aber nicht für reine Ablebens- oder Risikoversicherungen). Wir können uns auch Ihren Einzelfall näher ansehen - der vom VKI durchgeführten Sammelaktion kann man sich inzwischen nicht mehr anschliessen - und gegebenenfalls Ihre Ansprüche sofort und individuell geltend machen. Aufgrund einer möglichen Gesetzesänderung (http://www.parlament.gv.n2g12.com/l/338856408/c/0-15btl-egls42-w0q) ist allerdings Eile geboten.
Bei Interesse kontaktieren Sie uns gerne unverbindlich und kostenfrei über unser Kontaktformular.
PIM-Gold
Deutsche Kollegen informieren uns über Anfragen von Geschädigten, die sie auch aus Österreich erhalten. Unter den Opfern des PIM-Gold-Anlagebetrugs dürften sich auch viele, überwiegend ältere Österreicher befinden.
PIM-Gold: Was ist passiert?
Ruft man die Homepage pim-gold.com auf, befindet sich dort nur mehr der Eintrag des Insolvenzverwalters samt Presseinfo. Demnach wurde mit Beschluss vom 30.09.2019 vom Gericht ein vorläufiges Insolvenzverfahren über das Vermögen der PIM-Gold GmbH und der Premium Gold Deutschland GmbH angeordnet. Umfangreiche Vermögenswerte sollen beschlagnahmt worden sein, die Staatsanwaltschaft ermittle wegen des Verdachts auf Anlagebetrug.
Presseberichte der letzten Jahre – lange vor Insolvenzeröffnung – vermuteten längst ein betrügerisches „Schneeballsystem zur Abzocke“. 1,9 Tonnen Gold seien verschwunden, der Geschäftsführer in Untersuchungshaft. Nach Berichten des Spiegel sollen mehr als 10.000 Kunden betroffen sein, die 3,38 Tonnen Gold mit einem aktuellen Marktwert von etwa € 150 Mio. von der Firma erworben hätten. Die deutsche FMA BaFin habe zwar im November 2018 einen fehlenden Verkaufsprospekt bemängelt, dann aber keine weiteren Maßnahmen gesetzt. Auf der Website der österreichischen FMA gibt es keinen Eintrag zu PIM-Gold.
Für Opfer des Anlagebetruges besteht zudem das Risiko, dass der Insolvenzverwalter bereits geflossene „Ausschüttungen“ wie etwa Provisionen im Rahmen des „Schneeballsystems“ wieder zurück fordern könnte; eine Entwicklung, wie wir sie schon von den geschlossenen Schiffs- und Immobilienfonds kennen.
Wir vertreten Geschädigte, die PIM-Gold in Österreich gekauft haben, in Einzel- und in Sammelverfahren.
Bei Interesse kontaktieren Sie uns gerne unverbindlich und kostenfrei über unser Kontaktformular.
Foto auf dieser Seite: ©wikimedia: Agnico-Eagle: „PIM-Gold“
Anwalt: „Verzögerungen bei Brokerjet waren voraussehbar“
Depotübertrag. Immer noch warten Brokerjet-Kunden auf die Übertragung ihrer Wertpapiere auf neue Depots. Viele beklagen Wertverluste, erste Schadenersatzbegehren wurden gestellt.
Wien. Der Wirbel um die Einstellung des Erste-Bank-Onlinebrokers Brokerjet setzt sich fort. Kunden, die von den zum Teil monatelangen Verzögerungen bei der Depotübertragung betroffen sind, berichten über immer wieder neue Facetten des Ärgernisses.
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Ökonomie des Selbst – Subjektformierung im Neoliberalismus
Schönen guten Abend! Ich bin zu dieser Vortragsreihe, die ja – wie Sie wissen – den Titel „Perspektiven der Bewusstseinsforschung“ trägt, eingeladen worden, um auch die Ökonomie in die Vielheit möglicher Betrachtungsweisen des Bewusstseins zu integrieren. „Ökonomie“ meint dabei zweierlei: Zum einen bezeichnet dieser Begriff das reale Wirtschaftsgeschehen, also die Produktion, Verteilung, und Konsumtion von Gütern bzw. Dienstleistungen, die gegenwärtig ganz überwiegend nach kapitalistischen Funktionsprinzipien organisiert werden. Zum anderen bezieht er sich aber auch auf das Nachdenken, das theoretische Erfassen und Erklären dieser Vorgänge, also auf die wirtschaftswissenschaftlichen Diskurse.
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Bewusstsein ersetzt Gesetze?
KOMMENTAR von Benedikt Wallner.[1]
Bisher galt: Was nicht ausdrücklich verboten ist, das ist erlaubt. Mangels gesetzlicher Anordnung begründete das Nichttragen einer Motorradschutzkleidung kein Mitverschulden eines verletzten Motorradfahrers. Der Gesetzgeber – der schließlich auch Sicherheitsgurt und Sturzhelm vorschreibt – hat sich eben nicht aufgerufen erachtet, eine entsprechende Pflicht zum Tragen einer Unfallfolgen mindernden Schutzkleidung anzuordnen.[2]