tipps – blog – presse – veröffentlichungen – abgasskandal – chronik
"Abgasskandal - Hunderte Verfahren rollen wieder an"
So lautete letzte Woche eine APA-Meldung. Der Grund: Hunderte Verfahren waren unterbrochen worden, bis der EuGH entscheidet. Das kann er aber nun nicht. Denn VW hat den Klägern der Musterverfahren offenbar ein Angebot gemacht, das sie nicht ablehnen konnten - und damit deren Verfahren "daschlogn". Was tun?
In einem unserer Verfahren lässt sich das Landesgericht Feldkirch nun nicht länger "papierln": "Die beklagte Herstellerin hat in all den vor dem EuGH behängenden Fällen, die der Abklärung dienen sollten, ob das Thermofenster beim Motortyp EA288 Euro 6 als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist oder nicht, eine außergerichtliche Einigung herbeigeführt und damit eine Entscheidung durch das europäische und das nationale Höchstgericht verhindert. Daher wird das erkennende Gericht den EuGH nach Art 267 AEUV zur Frage anrufen, ob das Emissionskontrollsystem, das in den Fahrzeugen der Herstellerin verbaut wurde, in seiner Gesamtheit oder in punkto einzelner Fahrzeugteile zu betrachten ist, ob auf den realen Fahrbetrieb abzustellen ist und inwieweit im Anhang I der VO 715/2007 Grenzwerte im normalen Fahrbetrieb einzuhalten sind oder nicht. Die Frage, ob ein Thermofenster Stand der Technik bei Dieselfahrzeugen und daher erlaubt, oder eine verbotene Abschalteinrichtung ist, harrt einer Entscheidung durch das allein autonom auslegungsbefugte Höchstgericht der Europäischen Union, den EuGH." Bravo, so geht Rechtsstaat!
Kreditbearbeitungsgebühren
Kreditbearbeitungsgebühren, Bereitstellungsprovisionen, Bearbeitungsspesen etc. …
- in Kreditverträgen widersprechen dem gesetzlichen Verbot der gröblichen Benachteiligung
- und/oder dem Gebot der Verständlichkeit mangels Überprüfbarkeit der darin enthaltenen Leistungen
- sind daher nichtig und rückforderbar (gilt für Verbraucher und Unternehmer)
- samt Zinsen für die letzten drei Jahre
- geänderte Rechtsprechung des OGH
- führt zu bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung der ohne Rechtsgrund geleisteten und daher zurückzuerstattenden Geldsumme
- wenn die Kreditbearbeitungsgebühr innerhalb der letzten 30 Jahre bezahlt worden ist.
Kein Fall für das ZaDiG: Betrug mit Bitcoins
Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs haftet zwar der Zahlungsdienstleister (die Bank) verschuldensunabhängig. Aber was ist eigentlich ein "Zahlungsvorgang"?
Ein Vorgang - sagt jetzt der OGH in 4 Ob 234/23z - der sich auf „Geldbeträge“, also Banknoten und Münzen, Giralgeld oder E-Geld bezieht.
"Scoring" - wie unsere Bonität heimlich bewertet wird
Der ORF brachte kürzlich einen Beitrag über das - heimliche - "Scoring": Von speziellen Unternehmen werde unsere Bonität laufend bewertet - und kaum jemand wisse davon. Neben dem KSV 1870 sei es vor allem die Bonitätskanzlei „CRIF“, die so genannte Kreditwürdigkeits-Scores für Privatpersonen vergibt.
Aber nach unserer Rechtsmeinung - die auch die Datenschutzbehörde vertritt - erlaubt der EuGH das sog. „Scoring“ nur mehr im Einzelfall.
Weiterlesen: "Scoring" - wie unsere Bonität heimlich bewertet wird
Bankkarten-Missbrauch: Bank muss den Schaden ersetzen
Unserer Mandantin war von Trickbetrügern die Geldbörse gestohlen worden, mit zwei Karten drin. Flugs waren tausende Euro abgehoben.
Das Besondere am Kartenmissbrauch ist, dass die Bank immer haftet, auch wenn sie natürlich am Trickbetrug kein Verschulden trifft. Das wissen leider viele nicht und lassen sich mit ablehnenden Antworten der Banken abspeisen.
Weiterlesen: Bankkarten-Missbrauch: Bank muss den Schaden ersetzen
EUR 15.000 ist die Grenze für das Bezirksgericht - oder kann man sich das jetzt aussuchen?
Jahrzehntelang war der tatsächliche Streitwert für die Zuständigkeit maßgebend. Nach Lehre und Rechtsprechung soll es nicht die Möglichkeit geben, durch willkürliche Teileinklagung die Zuständigkeit des Gerichtshofs zu umgehen oder bei geringem Kostenrisiko einen Musterprozess zu führen (Pesendorfer in Höllwerth/Ziehensack, § 55 JN Rz 9). Doch jetzt gibt es eine interessante Entscheidung vom LG Salzburg: Ankommen soll es auf die konkrete Formulierung; wenn der Kläger behauptet, sein Schaden ist eigentlich höher, er mache halt derzeit nur weniger als EUR 15.000 geltend, reicht das schon, um die Bezirksgerichte umgehen zu können. Interessante neue Möglichkeiten, die den Landesgerichten viel Arbeit bescheren werden und die Bezirksgerichte entlasten.
Tesla verkauft "Enhanced Autopilot" um EUR 5.800 extra, kann aber nach fünf Jahren immer noch nicht liefern - Klage.
Das Erstgericht weist unsere Klage ab: Sei das Auto einmal übergeben, könne man nur mehr Gewährleistung fordern, und die sei nach fünf Jahren verjährt. Das Klagebegehren sei überdies unschlüssig.
Tesla: Aussagen (von Elon Musk), die den US-amerikanischen Markt betreffen, seien nicht maßgeblich für Funktionen, die am österreichischen Markt erhältlich seien.
All dem erteilt das Berufungsgericht jetzt eine Absage und gibt unserer Berufung vollinhaltlich statt: Klage nicht unschlüssig, Anspruch korrekt.
Jetzt muss neu verhandelt werden; es bleibt spannend.
Tempomatfunktion "ACC" fehlerhaft: VW-Händler verweigert Gewährleistung, wir klagen.
Die automatische Distanzregelung „ACC“ umfasst beim gegenständlichen „ID. Modell“, in Verbindung mit dem Navigationssystem, eine solche Tempomatfunktion, die die Fahrgeschwindigkeit automatisch an geltende Geschwindigkeitsbegrenzungen sowie Straßenverläufe anpasst. Die beschriebene Funktion vermag das aber im Klagsfahrzeug nicht. Sie ist also mangelhaft. Das Fahrzeug erkennt nicht nur tatsächlich ausgeschilderte Tempolimits, sondern ändert das eingestellte Tempo auch an Stellen ohne jegliche Tempolimit-Beschilderung. Es kommt dabei zu unvorhergesehenen, plötzlichen und massiven Geschwindigkeitsänderungen, die keine Grundlage im tatsächlichen Straßenverlauf oder aktuellen Verkehrsgeschehen haben.
Weiterlesen: Tempomatfunktion "ACC" fehlerhaft: VW-Händler verweigert Gewährleistung, wir klagen.
Außergerichtliche Gehaltspfändung durch Inkassounternehmen?
Die Bank behauptet gegen unsere Mandantin eine Forderung, die in Wahrheit nicht besteht.
Wir laden die Bank ein, ihren Anspruch – wenn sie meint einen zu haben – vor die ordentlichen Gerichte zu bringen. Dazu ist sie nicht willens oder nicht in der Lage.
Es gibt also keinen gerichtlichen Exekutionstitel. Stattdessen schreibt jetzt ein Inkassounternehmen frech dem Dienstgeber unserer Mandantin, er möge von ihrem monatlichen Lohn so viel so lange einbehalten, bis die Forderung der Bank getilgt ist.
Solche Schreiben sind rechtlich unwirksam und zudem standeswidrig.
Rechtsprechung: Produkthaftung für Beatmungsgerät gegen Schlafapnoe
§ 1, 5 f, 14 PHG; § 228 ZPO; § 1325 ABGB; Art 4, 9 ProdukthaftungsRL 85/374/EWG
▶ 1. Für die Produkthaftung ist entscheidend, ob das Produkt ein nicht zu erwartendes Sicherheitsdefizit aufweist. Ist in einem Beatmungsgerät, das über lange Zeit jede Nacht für viele Stunden verwendet werden soll, ein Material [hier: Schaumstoff aus polyesterbasiertem Polyurethan] enthalten, das sich zersetzen und in die Lunge geraten und/oder Chemikalien freisetzen kann, wodurch jeweils Gesundheitsschädigungen eintreten können, genügt das Gerät nicht den berechtigten Sicherheitserwartungen eines durchschnittlichen Anwenders. Damit weist der Kl einen Produktfehler iSd § 5 PHG (im Zeitpunkt des Inverkehrbringens gem § 6 PHG) nach.
Weiterlesen: Rechtsprechung: Produkthaftung für Beatmungsgerät gegen Schlafapnoe