Größte Bedeutung unter den Bedingungen des Konsumierens haben für uns Verbraucherinnen und Verbraucher die „Allgemeinen Geschäfts-Bedingungen“ der Unternehmen, kurz „AGB“.

Sie werden auch immer unausweichlicher: Faktisch besteht kaum eine Möglichkeit, sich mit den AGB etwa nicht einverstanden zu erklären. Denn wer nicht zu diesen Bedingungen kontrahieren will, kontrahiert meist gar nicht. Viele wissen zwar längst, dass Unternehmen keineswegs frei sind in der Gestaltung dieser Bedingungen oder „Klauseln“, aber allzu viele wissen das noch nicht. Deswegen erfolgt hier ein kurzer, beispielhafter Blick auf die segensreiche Tätigkeit von Verbraucherorganisationen wie VKI oder AK, die regelmäßig die AGB von Unternehmen auf darin enthaltene unzulässige Klauseln überprüfen, dann die Unternehmen zuerst abmahnen und notfalls bis zum Obersten Gerichtshof klagen. Derlei Klauseln unterliegen nämlich gesetzlicher und damit auch richterlicher Überprüfung, übrigens keineswegs nur gegenüber Verbrauchern. Wird die Klausel im Klauselprüfungsverfahren [1] als unzulässig erkannt, darf sich das Unternehmen [2] nicht mehr auf sie berufen. [3]

In einem jüngeren Fall [4] hatte die AK ein Kreditunternehmen auf Unterlassung der Verwendung solcher Klauseln geklagt:

  • Zu Klausel 14a: „Der Karteninhaber ist auch im eigenen Interesse verpflichtet, die Bezugskarte sorgfältig zu verwahren. Nicht sorgfältig ist insbesondere die Aufbewahrung der Bezugskarte in einem abgestellten Fahrzeug. Dem OGH erscheint der zweite Satz, mit dem die Aufbewahrung der Karte in einem abgestellten Fahrzeug ohne Rücksicht auf die näheren Umstände generell als sorgfaltswidrig gelten soll, deutlich überschießend und damit unwirksam. Auszugehen sei davon, dass es nach den heutigen Zahlungs- und Mobilitätsgepflogenheiten den Regelfall darstellt, dass Bankkunden ihre Bank- und Kreditkarten - häufig in der Geldbörse - mitnehmen, wenn sie mit einem Fahrzeug unterwegs sind. Auch ein LKW-Fahrer, der die Nacht in der Schlafkoje seines Fahrzeugs verbringt, oder ein Urlauber, der sich - tagsüber oder in der Nacht - in seinem Wohnmobil aufhält, handelt regelmäßig nicht sorgfaltswidrig, wenn er die Bankkarte während dieser Zeit im Fahrzeug aufbewahrt. Aber auch bei Verlassen des Fahrzeugs muss im Aufbewahren der Karte - etwa im versperrten Handschuhfach des versperrten Fahrzeugs - nicht stets eine Sorgfaltswidrigkeit liegen, kommt es doch auf die dem Karteninhaber in concreto zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen an. Fährt jemand zum Baden an einen See oder ans Meer, kann es durchaus sorgfältiger sein, seine „Wertsachen“ im Fahrzeug zu verschließen, als diese an den Strand mitzunehmen und dann beim Schwimmen unbeaufsichtigt zu lassen. Auch das Verschließen der Karte in einem Garderobekästchen beim Besuch eines Schwimmbads oder einer Sauna muss nicht notwendigerweise weniger risikoreich sein als ein Belassen im versperrten Fahrzeug. Dem Kunden unabhängig von den Umständen stets einen Sorgfaltsverstoß anzulasten, wenn die Karte im abgestellten Fahrzeug aufbewahrt wird, bedeutet somit jedenfalls eine gröbliche Benachteiligung, die schon allein zur Ungültigkeit der Klausel führt. [5]

  • Zu Klausel 19: „Wenn nach Ablauf der Gültigkeit auf der Elektronischen Geldbörse noch ein Betrag geladen ist, ersetzt das Kreditinstitut diesen Betrag, wenn er innerhalb von 3 Jahren nach Ablauf der Gültigkeit geltend gemacht wird. Danach ist dieser Anspruch verjährt.“ Auch hier erkennt der OGH auf Unzulässigkeit, denn es gibt keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für die Verkürzung der Verjährungsfrist. Keinesfalls kann die Klausel als gerechtfertigte Maßnahme gegen Beweisnotstände angesehen werden, ist doch der Kunde dafür beweispflichtig, dass sich auf dem Chip noch ein unverbrauchtes Guthaben befindet.

  • Zu Klausel 20: „Abweichend von Punkt 1.9.2. ('Änderungen des Entgelts') und Punkt 1.15. ('Zusendung und Änderung der Kundenrichtlinien') kann ein Angebot an den Kontoinhaber über Änderungen von Bestimmungen der Kundenrichtlinie über das Quick-Service in jeder Form erfolgen, die mit dem Kontoinhaber im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist.“ Nach der zutreffenden Auffassung der AK besteht bei lebensnaher Betrachtung und einem Verständnis der Klausel aus der Sicht eines vernünftigen Kunden durchaus die Besorgnis, dieser könne den darin enthaltenen Hinweis auf die „Form“ eines Angebots an den Kontoinhaber auch auf die „Art und Weise, also die Modalitäten“, unter denen ein derartiges Angebot erfolgen dürfe, verstehen. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „Form“ bzw. die Wendung „in der Form“ keineswegs in einem sehr engen Sinn verstanden. Zur erheblichen Verwirrung des durchschnittlichen Kunden kann schon der Hinweis darauf führen, dass ein Angebot über Änderungen von Bestimmungen der Kundenrichtlinie „abweichend“ von Punkt 1.9.2. und Punkt 1.15. in jeder Form erfolgen könne, die mit dem Kontoinhaber im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist. Liest man nämlich den Text jener Bestimmungen, auf die hier verwiesen wird, findet man dort jeweils ebenfalls den Satz „Das Angebot an den Kontoinhaber kann in jeder Form erfolgen, die mit ihm im Rahmen der Geschäftsverbindung vereinbart worden ist.“ Was aber letztlich mit dem in der inkriminierten Klausel verwendeten Begriff der „Form“ und dem Hinweis auf (vermeintliche?) Abweichungen von bestimmten anderen Vertragsbedingungen gemeint sein soll, ist für den Durchschnittskunden tatsächlich kaum erfassbar. Damit ist die Klausel intransparent und damit ungültig.

  • Zu Klausel 14b: „Eine Weitergabe der Bezugskarte an dritte Personen ist nicht zulässig. Der persönliche Code ist geheim zu halten. Er darf nicht, insbesondere nicht auf der Bezugskarte, notiert werden. Der persönliche Code darf niemandem, insbesondere auch nicht Mitarbeitern des Kreditinstitutes, anderen Kontoinhabern oder anderen Karteninhabern bekannt gegeben werden.“ Es gab tatsächlich einmal eine Entscheidung [6], wonach es zu den wesentlichen Pflichten des Bankkunden zähle, seinen Code geheim zu halten. Die hier zu beurteilende Klausel verbietet jedoch den Kunden generell, den Code zu notieren, also ohne Rücksicht darauf, ob diese Notiz in der Folge unsorgfältig verwahrt oder aber sorgfältig geheim gehalten wird. Abgesehen davon, dass der durchschnittliche Bankkunde bei den heutigen Gegebenheiten für verschiedene private und berufliche Bereiche zahlreiche weitere Codes präsent haben muss, kann der Beklagten ein schutzwürdiges Interesse doch nur daran zugebilligt werden, die Verwendung des Codes durch Unbefugte zu verhindern. Warum dafür der zweite Satz in Klausel 14b („Der persönliche Code ist geheim zu halten.“) nicht genügen sollte, ist nicht erkennbar. Die Geheimhaltungsverpflichtung schließt selbstverständlich ein, dass der Kunde einen allenfalls notierten Code so sicher zu verwahren hat, dass soweit wie möglich Gewähr dafür geboten wird, dass er unberechtigten Dritten nicht zugänglich wird. Notiert der Kunde den Code und kommt dieser aufgrund unsorgfältiger Verwahrung einem Dritten zur Kenntnis, liegt ohnehin ein Verstoß gegen das (unbedenkliche) Gebot vor, den persönlichen Code geheim zu halten.

  • Zu Klausel 30: „Ergänzende Bedingungen: Im Übrigen gelten die 'Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte (AGB)' und für das Wertpapier-Banking die im Internet ersichtlichen Nutzungsbedingungen.“ Schon einmal hat der Oberste Gerichtshof Folgendes ausgeführt [7]: „Der Durchschnittskunde, an dessen Verständnis die Transparenz von Bestimmungen [8] zu messen ist, ist mit dem Herausfiltern jener Bestimmungen aus den umfangreichen AGB ..., die für die Teilnahme am [Punkteprogramm] überhaupt von Bedeutung sein könnten, überfordert. Dieser Arbeit müsste sich aber der Teilnehmer am [Punkteprogramm] nach der strittigen Klausel unterziehen, weil diese jeden Hinweis darauf vermissen lässt, welche der zahlreichen Einzelbestimmungen nun tatsächlich ergänzend zum Tragen kommen soll, wenn diese für einen bestimmten Sachverhalt nicht ohne weiteres miteinander in Einklang zu bringen sind.“ Auch für den vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte zahlreiche Bestimmungen enthalten, die für das „electronic banking“ keine Bedeutung haben, sondern auf andere Bankgeschäfte zugeschnitten sind. Die pauschale Ausführung, es sei aus Gründen der „wünschenswerten Übersichtlichkeit“ von Vorteil, in ein und demselben Vertrag die Geltung verschiedener Bedingungswerke zu vereinbaren, ist kein Argument gegen die Intransparenz. Sollten alle Klauseln der Allgemeinen Bedingungen auch für das „electronic banking“ von Bedeutung sein, wäre es naheliegend, diese vollumfänglich in die Spezialbedingungen aufzunehmen oder diesen zumindest anzuschließen. Sollte hingegen - was eher anzunehmen ist - nur ein Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch für das „electronic banking“ von Bedeutung sein, wäre es für die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit erheblich förderlicher, die betreffenden Bestimmungen an geeigneter Stelle einzubauen. Ein solches Vorgehen wäre eine sinnvolle Anwendung, nicht aber ein Pauschalverweis, der typischerweise dazu führt, dass sich der Kunde aus den Allgemeinen Bedingungen erst jene Regelungen heraussuchen muss, die auch für das mit ihm geschlossene Vertragsverhältnis (hier: „electronic banking“) gelten sollen. Dazu kommt im vorliegenden Fall, dass aus der fraglichen Klausel nicht einmal hervorgeht, wo die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte“ aufzufinden sind, und auch der Hinweis, dass die weiteren Nutzungsbedingungen „im Internet ersichtlich“ seien, nicht sicherstellt, dass der Verbraucher diese zuverlässig in ihrer für das konkrete Vertragsverhältnis gültigen Form auffinden kann. Unklar ist auch, ob diese Bedingungen in der zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsschlusses gültigen Fassung auf das Vertragsverhältnis Anwendung finden sollen oder aber in der zu jenem Zeitpunkt gültigen Fassung, in der der Kunde Einzelleistungen der Bank in Anspruch nimmt bzw. Transaktionen durchführt. All dies führt wieder einmal zur Unzulässigkeit der Klausel wegen Intransparenz.

Benedikt Wallner, 30.3.2016


[1] „Verbandsklage“ nach §§ 28 ff KSchG.

[2] Der Kunde schon: Denn ein an den Unternehmer gerichtetes Verbot stünde einer Berufung des Verbrauchers auf die – für ihn möglicherweise günstige – Klausel im Individualprozess in keiner Weise entgegen (1 Ob 88/14v).

[3] Derzeit nicht mehr und nicht weniger: Das Verbandsverfahren ist kein Einzelverfahren, in ihm geht es also definitionsgemäß niemals um die konkreten Rechte einzelner Betroffener, sondern um die vorbeugende – und besonders strenge! – Kontrolle der Klauseln. Im Individualprozess ist dann zwar ein anderes Ergebnis als im Verbandsprozess denkbar (7 Ob 44/13s = RIS-Justiz RS0129105). Den-noch ist das Unternehmen gut beraten, die unzulässige Klausel nicht mehr zu verwenden und sich nicht mehr auf ihre Gültigkeit in schon geschlossenen Verträgen zu berufen, denn der „Verband“ (AK, VKI, …) könnte sonst Unterlassungsexekution führen. Wettbewerbswidrig kann so ein Verhalten obendrein sein, vgl. 4 Ob 99/09a. Eine „automatische“ Drittwirkung gegenüber allen Verbrauchern, die mit diesem Gewerbetreibenden einen Vertrag geschlossen haben, auf den die gleichen AGB anwendbar sind, also einschließlich solcher Verbraucher, die gar nicht Partei des Unterlassungsverfahrens waren, fordert Langer in Kosesnik-Wehrle u.a. (Hrsg.) KSchG4 Rz 1 zu §§ 28-30 wegen des Effektivitätsgebots des Art 7 Abs 1 und 2 der RL 93/13/EWG.

[4] 1 Ob 88/14v vom 27.11.2014.

[5] Was wiederum bedeutet, das Unternehmen muss seine AGB ändern. Für die Frage, binnen welcher Frist (dazu RIS-Justiz RS0041265), steht den Gerichten zwar ein gewisser Ermessensspielraum zur Verfügung, doch darf die Frist unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes jedenfalls nicht unangemessen lang ausfallen (vgl. dazu nur 7 Ob 44/13s). In der genannten Entscheidung wurde ausgesprochen, dass eine Leistungsfrist von drei Monaten zur Umgestaltung des Klauselwerks grundsätzlich angemessen ist (so schon 4 Ob 130/03a; verst. Senat 6 Ob 24/11i), um dem Unternehmer die notwendige Zeit zu geben, in seiner Organisation die Voraussetzungen für die Umsetzung der Entscheidung zu schaffen. Eine Frist von drei Monaten für die Änderung der als unzulässig erkannten AGB-Klauseln ist daher angemessen (1 Ob 88/14v).

[6] 10 Ob 70/07b.

[7] zu 6 Ob 16/01y (In den Teilnahmebedingungen eines Mobilfunkanbieters für ein bestimmtes Punkteprogramm war auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten verwiesen worden).

[8] iSd § 6 Abs 3 KSchG, wonach solche Vertragsbestimmungen klar und verständlich sein müssen.