1. Der VKI veröffentlichte am 26.01.2019 die Entscheidung 3 Ob 214/18v VbR 2019/35 unter dem Titel „OGH-Entscheidung zur Frage, ob die Bank bei Abschluss einer Bürgschaft, die zugunsten eines Kredites abgeschlossen wurde, den Bürgen über die schlechte wirtschaftliche Lage des Kreditnehmers warnen hätte müssen“ [1]. Eigentlich geht es in der nur knapp begründeten Zurückweisungs-Entscheidung, über deren Sachverhalt wenig bekannt ist, freilich um die Frage, ob die Bank die von der Bürgin vermisste Anfrage an den Kreditschutzverband von 1870 (über die Bonität des Hauptschuldners) stellen hätte müssen: Auf die jedoch, sagt der OGH, kommt es hier nicht an! Dies deswegen nicht, weil nicht feststeht, dass die Bank aufgrund einer solchen Anfrage die wahre finanzielle Situation des Hauptschuldners erkennen hätte können. Mangels Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Angaben des Hauptschuldners im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme sei die Bank auch nicht gehalten, die Bürgin darüber zu informieren, dass ihr die finanzielle Lage des Hauptschuldners nicht bekannt ist.

  2. Das lässt den geübten Beobachter von sowohl Gesetzwerdung als auch praktischer Handhabung der Interzessionsregeln §§ 25c und 25d KSchG denn doch etwas ratlos zurück. Denn der Kern des dekonstruierten Arguments geht wohl so: Wir wissen nicht, was herausgekommen wäre, hätte die Bank beim KSV nachgefragt. Kann sein, dass der sie dann über eine schlechte Bonität des Hauptschuldners informiert hätte, oder auch nicht. Nachdem aber die Warnpflicht (besser: Warnobliegenheit)[2] der Bank erst einsetzt, wenn feststeht, dass sie selbst Zweifel an der Bonität hatte oder haben musste, und dies eben nicht feststeht, kommt es auf diese Zweifelsfrage nicht an. Und es schadet auch nicht, dass die Bank auf objektiv unrichtige Unterlagen vertraut hat, mithin nur auf das, was ihr der Hauptschuldner erzählt hat; ja, sie muss dem Bürgen noch nicht einmal offenlegen, dass sie sich damit begnügt, ihr aber die wirtschaftliche Situation des Schuldners eigentlich nicht bekannt ist.

  3. Für ein solches Ergebnis bräuchte es eigentlich kein Schutzgesetz, es tritt unter Geltung des Faustrechts ebenso ein. Denn die richterliche Prüfung reduzierte sich dann auf die Frage, ob die Bank Zweifel hatte. Was stimmt daran nicht? Noch in 3 Ob 1/09g (IV.3.) wurde der Bank deswegen Kenntnis von der mangelnden Bonität des Hauptschuldners zugesonnen, weil sie sich aktiv um die Bürgenhaftung bemüht hat. Ist ab jetzt jeder Bank zu raten, lieber keine (oder nicht zu viel) Bonitätsinformationen einzuholen; wer viel fragt, geht viel irre; was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, und muss ich auch niemandem mitteilen? Dem Interzedentenschutz für Verbraucher, den der Gesetzgeber ausdrücklich intendiert hatte,[3] wären so weitgehend die scharfen Zähne gezogen.

  4. Wollen wir noch einmal, wie es der 3. Senat auch macht, den Gesetzestext des § 25c KSchG betrachten, dann hat der Gläubiger den Verbraucher, der einer Verbindlichkeit als Interzedent beitritt, auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird. Auf das Erkennen allein kommt es demnach nicht an, sondern gleichrangig auch auf das Erkennenmüssen, sodass der Gläubiger im Regelfall mit dem Aphorismus „wer viel fragt, geht viel irre“ keineswegs exkulpiert wäre. Er muss sich vielmehr die Prüfung gefallen lassen,[4] ob er denn eine sorgfältige Bonitätsprüfung unter Verwendung der ihm zugänglichen Instrumente vorgenommen, sich also in jenem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners verschafft hat, wie dies ein sorgfältiger Kreditgeber üblicherweise tut.[5] Würde ein sorgfältiger Kreditgeber die Anfrage an den Kreditschutzverband von 1870 stellen? Wenn ja, dann hat die Bank, die diesen Sorgfaltsmaßstab unterläuft, nicht sorgfältig gehandelt.

  5. Erfüllt sie mit ihrer Sorglosigkeit bereits jenes der beiden Tatbestandselemente, das ihr schon bei einem bloßen Erkennenmüssen die Hinweisobliegenheit an den Interzedenten auferlegt? Nicht unbedingt: Lautete nämlich die Auskunft des Kreditschutzverbands, hypothetisch nachvollzogen, auf „unverdächtig“, so hätte sie ja auch bei Einhaltung dieser Sorgfalt keine Hinweisobliegenheit getroffen.[6] Denn das hypothetische Geschehen wäre dann zu einem konkreten geworden, erst nach Einhaltung der bankwirtschaftlichen Sorgfalt kommt es auf ein Erkennenmüssen nicht mehr an, sondern nur mehr auf das tatsächliche Erkennen, und dieses lautet eben auf „unverdächtig“. Für den umgekehrten Fall aber, dass also die Anfrage an den Kreditschutzverband von 1870 keine ausreichende Bonität des Hauptschuldners ergeben hätte, gilt dasselbe mit der Maßgabe, dass dann eben ihre Hinweisobliegenheit greift. Man kann also nicht sagen, es komme auf die Frage, ob die Bank die Anfrage an den Kreditschutzverband stellen hätte müssen, nicht an.

  6. Daraus wird klar, dass mit der Anforderung eines Erkennenmüssens nichts anderes statuiert wird als die Einhaltung der beschriebenen Sorgfalt. Wäre es, in extremis, ganz dem Gläubiger anheimgestellt, in welchem Umfang und mit welcher Intensität er die Bonität des Hauptschuldners prüft, wäre der Begriff des Erkennenmüssens inhaltsleer. Das Gesetz statuiert aber nicht nur, es sanktioniert auch die Verletzung der beiden Obliegenheiten – Erkennen und Erkennenmüssen – völlig gleich: Wer die mangelnde Bonität erkennen muss, den trifft dieselbe Hinweisobliegenheit wie denjenigen, der erkennt (und, erfüllt er auch diese nicht, die Sanktion des Haftungsentfalls). Auch vor diesem Hintergrund kann man nicht mehr aufrechterhalten, es komme auf die Frage, ob die Bank die Anfrage an den Kreditschutzverband stellen hätte müssen, nicht an, ganz im Gegenteil:

  7. Schon die mangelnde Sorgfalt löst, bei Hinzutreten der übrigen Merkmale, dieselbe Sanktion aus. Damit wird der Normunterworfene angehalten, die entsprechende Sorgfalt walten zu lassen, weil er sich so durch eigenes Tun in die Lage versetzen kann, von einer ihn sonst treffenden (Hinweis-)Obliegenheit befreit zu werden; dann nämlich, wenn seine Sorgfaltswaltung ergibt, dass eine Hinweisobliegenheit ohnehin nicht besteht, weil z. B. die KSV-Auskunft ausreichende Bonität ergibt. Diese Chance auf Befreiung soll er nicht haben, wenn er untätig bleibt und es nicht einmal versucht.

  8. So wie beim „Inzidentprozess“,[7] der hypothetische Kausalitäten untersucht, ist auch hier zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten, wenn also die Sorgfalt eingehalten worden wäre. Demnach könnte das Ergebnis nachträglich befreiend lauten, z. B. darauf, die KSV-Auskunft hätte, wäre sie eingeholt worden, ohnehin ausreichende Bonität ergeben: Der Gläubiger hatte dann keine Hinweisobliegenheit, weil er bei Einhaltung der gehörigen Sorgfalt eben zu der indikativischen Erkenntnis (dem „Erkennen“ des Gesetzestextes) gekommen wäre, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich vollständig erfüllen wird. Der Unterschied liegt aber darin, dass die festgestellte Sorglosigkeit bestehen bleibt: Der Gläubiger hatte im Anlassfall keine KSV-Auskunft eingeholt. Es wird somit, steht einmal die Sorgfaltspflichtverletzung so wie im Anlassfall fest, zu einer den Befreiungsanspruch des Bürgen vernichtenden Behauptungs- und Beweislast des Gläubigers, dass auch bei Einhaltung der gehörigen Sorgfalt kein anderes Ergebnis herausgekommen wäre und die mangelnde Sorgfalt nicht kausal war. Insofern ist der Rechtssatz, die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Gläubiger die wirtschaftliche Notlage des Hauptschuldners kannte oder kennen musste, treffe den Interzedenten,[8] zu ergänzen: Steht aber fest, dass sich der Gläubiger nicht in jenem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners verschafft hat, wie dies ein sorgfältiger Kreditgeber üblicherweise tut, trifft ihn die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners seine Hinweisobliegenheit nicht erfordert hätte.

  9. Den Anscheinsbeweis[9] brauchen wir dafür nicht zu bemühen. Es kann somit dahinstehen, ob „es einen Anschein des Kennenmüssens nicht gibt“, wie erstmals die Entscheidung 6 Ob 227/06k[10] eher apodiktisch und jedenfalls unbelegt meint. (Dafür spricht, dass beim Anscheinsbeweis Erfahrungssätze herangezogen werden, um auf tatbestandsrelevante Tatsachen schließen zu können, die nicht direkt erwiesen werden können,[11] und ein Kennenmüssen ist wohl keine Tatsache. Dagegen allerdings, dass just dieses Kennenmüssen inhaltsgleich mit jenem Erkennenmüssen ist, welches uns im Tatbestand des § 25c KSchG begegnet, und der Beweispflichtige für das Tatbestandsmerkmal des Erkennenmüssens nicht schlechter gestellt sein kann als jener, der sich zum Beweis des [Er-]Kennens, an das vom Gesetz die gleichen Rechtsfolgen geknüpft werden, ohne weiteres – die übrigen Erfordernisse[12] einmal vorausgesetzt – auf den Anscheinsbeweis berufen darf. Sonst wäre wiederum ein Anreiz für den Gläubiger geschaffen, es beim Nichterkennenkönnen zu belassen und ein Erkennen – obwohl vom Gesetz dazu angehalten – gar nicht erst zu versuchen.) Es stellte aber einen Fehlschluss dar zu meinen, nur weil ein Anscheinsbeweis für das Erkennenmüssen nicht zulässig sei, könne dieses mit dem Erkennen gleichrangige Tatbestandsmerkmal entfallen und brauche überhaupt nicht unter Beweis gestellt zu werden. Ebenso wenig überzeugt der Gedanke, der Umstand, dass die klagende Bank auf die ihr vom Hauptschuldner vorgelegten (objektiv unrichtigen) Unterlagen zur wirtschaftlichen Lage seines Einzelunternehmens vertrauen durfte, bedeute (arg: „also“), dass sie seine wahre finanzielle Situation nicht erkennen konnte: Denn das Gesetz verpflichtet sie zu ihr zumutbarer Nachforschung,[13] was gerade eine Überprüfung der ihr vom Hauptschuldner vorgelegten Unterlagen durch externe Dokumente nahelegt.

  10. Einwänden ausgesetzt ist schließlich der Satz, mangels Erkennbarkeit der Unrichtigkeit der Angaben des Hauptschuldners im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme sei die Bank auch nicht gehalten gewesen, die Bürgin darüber zu informieren, dass ihr die finanzielle Lage des Hauptschuldners nicht bekannt sei: Darüber, dass sie nicht weiß, was sie aber wissen sollte, muss die Bank natürlich stets informieren. Das folgt unmittelbar aus der Sorgfalts-Anordnung des § 25c KSchG und aus dem Symmetriegebot,[14] das § 25c KSchG zwischen dem Informationsstand der Bank und jenem des Interzedenten statuiert: Eine Bank, die diesem Gebot entspricht, erteilt dem Interzedenten nicht nur jene Information über die Bonität des Hauptschuldners, über die sie selbst verfügt, sondern weitergehend jene, die ihr selbst zugänglich sind. Verzichtet sie darauf, die finanzielle Lage des Hauptschuldners in Erfahrung zu bringen, dann verletzt sie ihre Nachforschungspflicht.[15] Darüber ist der Interzedent zu informieren, weil er sonst annimmt, die mitgeteilte „unverdächtige“ Bonität sei Ergebnis sorgfältiger Nachforschung.[16]

  11. Die jüngste Entscheidung 2 Ob 44/17k zur – v. a. bei den Betroffenen heftig geführten – Diskussion über Motorradschutzkleidung schreibt den Rechtssatz fort,[17] wonach das Unterlassen von Schutzmaßnahmen zur eigenen Sicherheit den Vorwurf des Mitverschuldens begründet, wenn sich bereits ein allgemeines Bewusstsein der beteiligten Kreise dahin gebildet hat, dass jeder Einsichtige und Vernünftige solche Schutzmaßnahmen anzuwenden pflegt. Bei der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten nach § 1304 ABGB handelt es sich, ebenso wie bei der Warnung und der ihr vorgelagerten Nachforschung nach § 25c KSchG, um keine einklagbare Rechtspflicht, sondern um eine Obliegenheit, deren Verletzung „nur“ dadurch sanktioniert wird, dass die Rechtsposition einer anderen Person in Relation zum Obliegenheitsbelasteten rechtlich verbessert oder aber ein Recht desjenigen, der eine Obliegenheit verletzt, ganz oder teilweise nicht entsteht bzw. wieder vernichtet wird.[18] Es ist daher auch vorliegend zu fragen, ob sich ein allgemeines Bewusstsein der beteiligten Kreise dahin gebildet hat, dass jeder einsichtige und vernünftige Gläubiger solche Schutzmaßnahmen gegen das ihn selbst treffende Ausfallsrisiko des Hauptschuldners wegen dessen etwa mangelnder Bonität anzuwenden pflegt, dass er eine KSV-Auskunft einholt.[19] Das kann zwar letztlich auch vorliegend wieder nur durch eine, der „Onlinebefragung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit“ für den Kfz-Bereich entsprechende, Umfrage unter den beteiligten Kreisen des Kreditsicherheitsbereichs geklärt werden, wird aber wohl zu bejahen sein:
  • Nach den der Entscheidung 4 Ob 254/14b zugrundeliegenden Feststellungen hat die Bank eine KSV-Abfrage entweder nicht durchgeführt oder deren negatives Ergebnis ignoriert. Dies bezeichnet der 4. Senat als ihren Verzicht auf eine mit der notwendigen kaufmännischen Sorgfalt durchgeführte Bonitätsprüfung (5.3.).
  • In 3 Ob 1/09g stellt der OGH das Ersturteil wieder her, das argumentiert hatte, bei einer Umschuldung müsse die Bank die Höhe der Vorschulden über den KSV bei anderen Banken recherchieren.
  • Und nach 6 Ob 275/05t ist es gerade Zweck der in die Warnliste des KSV aufgenommenen kreditrelevanten Daten, Auskunft über die Kreditwürdigkeit des Betroffenen zu erteilen.

Quelle: BLOG CONSUMER_LAW, Benedikt Wallner, 18.3.2019


[1] https://verbraucherrecht.at/cms/index.php?id=49&tx_ttnews%5Btt_news%5D=4302&cHash=5ddb93f6d4d5c66651bdf4b8f770d0cd.

[2] 8 Ob 61/05m; Haas, JBl 2002, 538.

[3] Schon vor und außerhalb des § 25c KSchG waren und sind im vorvertraglichen Schuldverhältnis Warn- und Aufklärungspflichten dann anerkannt, wenn die Bank eine für den Interzedenten besonders gefährliche Situation erkennen musste (4 Ob 254/14b mwN; RIS-Justiz RS0042562; Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 25c KSchG Rz 2).Was jedoch den Gesetzgeber gerade zur Erlassung des § 25c KSchG veranlasst hat, war die Erwägung, der Gläubiger könnte im Hinblick auf die zu erwartende Sicherstellung (Bürgschaft eines Verbrauchers) seine Nachforschung vernachlässigen, ob der Kreditnehmer ausreichend kreditwürdig ist (Mayrhofer aaO Rz 31). Kreditverbindlichkeiten aber, die auf solche Art und Weise „gesichert“ werden müssen, weil die Bonität des Hauptschuldners nicht ausreicht, also letztlich zu Lasten des Interzedenten, sollen durch § 25c KSchG gerade verhindert werden: „Wenn der Kreditwerber von vornherein nicht kreditwürdig ist, soll er auch nicht – letztlich auf Kosten eines Interzedenten–Fremdkapital aufnehmen.“ (RV 311 BlgNR 20. GP 27).

[4] Dass diese Frage vorliegend gestellt wurde, erhellt aus der Formulierung „die von der Bürgin vermisste Anfrage“; wie konkret sie gestellt wurde, darüber gibt der Sachverhalt leider keine Auskunft.

[5] RIS-Justiz RS0115984.

[6] Der Vollständigkeit halber muss man hinzufügen: falls die Bank nicht aus anderen Quellen weiß, dass diese Auskunft falsch ist; und falls ihr nicht, abhängig von Art und Ausmaß der Verbindlichkeit, weitergehende Instrumente zur Bonitätsprüfung zugänglich sind.

[7] RIS-Justiz RS0115755.

[8] RIS-Justiz RS0120350.

[9] Wird der Kreditgeber selbst aktiv, um die Einbeziehung der Interzedentin in das Schuldverhältnis zu erreichen, weist dies prima facie darauf hin, dass er die Einbringung der Forderung beim Hauptschuldner als nicht gesichert ansah; RIS-Justiz RS0113882.

[10] und ihr folgend RIS-Justiz RS0113882 [T6].

[11] Kodek/Mayr, Zivilprozessrecht2 Rz 781.

[12] Voraussetzung des Anscheinsbeweises ist stets der Beweisnotstand (Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht8 Rz 770 mwN), mithin Fälle, „in denen konkrete Beweise vom Beweispflichtigen billigerweise nicht erwartet werden können“ (RIS-Justiz RS0123919), etwa weil Umstände beweisbedürftig sind, die allein in der Sphäre des anderen liegen, nur letzterem bekannt sein können und daher auch nur durch ihn beweisbar sind (2 Ob 173/11x).

[13] Ganz ähnlich im Insolvenzrecht 3 Ob 99/10w: „Im Ergebnis bedeutete der Standpunkt der Beklagten, dass sich ein Sozialversicherungsträger bei Vorliegen von Krisenindikatoren stets auf die Angaben des Beitragsschuldners verlassen und anfechtungsfest volle Deckung erlangen dürfte, de facto also eine Fahrlässigkeit iSd §§ 30 f KO nur bei offenkundig falschen (absurden) Mitteilungen des Schuldners in Frage käme. Einem solchen Standpunkt steht die schon zitierte Judikatur entgegen, wonach die Fahrlässigkeit des Anfechtungsgegners nach den zumutbaren Auskunftsmitteln zu beurteilen ist. Nach all dem ist hier von fahrlässiger Unkenntnis der Beklagten über die Zahlungsunfähigkeit ihrer Beitragsschuldnerin auszugehen.“

[14] Graf, ZFR 2012, 168; Wallner, ecolex 2018, 225; ders, ÖBA 2013, 575; ders, ÖBA 2007, 339 (352).

[15] Graf, ÖBA 1995, 776.

[16] „Damit der Interzedent das ihm aus diesem Geschäft erwachsende Risiko abwägen kann, ist er – gleich einem Versicherer – auf Informationen des Kreditgebers (des „Versicherten“) über die potenzielle Gefahr einer Inanspruchnahme angewiesen“ (Haas, aaO).

[17] Und dehnt ihn sogar noch auf den Motorradverkehr im Ortsgebiet aus!

[18] R. Schmidt, Obliegenheiten 315 f.

[19] Beispielsweise stellt es für Rechtsanwälte zwar keine Verpflichtung dar, aber eine Obliegenheit – zur Vermeidung von etwaigen Kostenfolgen –, vor einem kostenverursachenden Tätigwerden Einsicht in das Exekutionsregister zu nehmen.