Richtungsweisender Prozesserfolg gegen Bank, die von Bürgin 27.700 Euro forderte
von Ricardo Peyerl
Frau P., damals noch A., hätte in ihrer Situation wahrscheinlich alles unterschrieben. Die Lehrerin mit bloß halber Lehrverpflichtung war gerade frisch geschieden und allein erziehende Mutter, als ihr der Ex-Ehemann eine Bankgarantie zur Unterschrift vor die Nase hielt. Sollte sie nicht unterzeichnen, streiche man ihm den Kredit, er werde arbeitslos und sie könne schauen, wo sie den Unterhalt her bekomme, drohte Herr A.. Es sei bloß ein Formalakt, niemals würde die Bank auf eine Mutter mit Kind zurück greifen. Würde sie nicht? Frau P. verkaufte mit der Garantieerklärung, die da mit der Post ins Haus gekommen war, quasi ihre Seele: Sie verpflichtete sich, der Bank „auf erste Aufforderung unter Verzicht auf jede Einwendung“ einen Betrag von 25.500,00 Euro „mit allen Zinsen, Kosten und Gebühren“ zu zahlen. Prompt machte die Bank, als Herr A. mit seinen Geschäften ins Schleudern kam, davon Gebrauch und stellte den Betrag fällig. Obwohl die Lehrerin inzwischen einen vollen Stundenplan hatte und monatlich 1450,00 Euro verdiente, konnte sie die inzwischen mit Zinsen auf 27.700,00 Euro gewachsene Summe nicht zurück zahlen. Die Bank scheute sich nicht, zu klagen. Und zwar, obwohl seit dem April 2000 ein höchstgerichtliches Urteil existiert, welches es zur Unsitte erklärt, mittellose Ehefrauen (oder Brüder, Schwestern, Omas) zu Kreditbürgen zu machen. Es ist dort, wo nicht in der Bank eindrucksvoll über die Risken aufgeklärt worden ist, von "Überrumpelung“ die Rede. Bloß halten sich die Banken nicht immer daran. Im Gegenteil, die neueste Variante ist wohl das kommentarlose Verschicken solcher Bürgschafts- oder Garantieerklärungen. Zum Glück ist Frau P.s Anwalt Experte im Konsumentenschtuz und nebenbei auch noch Autor eines Bankenratgebers. Benedikt Wallner wehrte die Klage erfolgreich ab. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vermisste zunächst eine sorgfältige Bonitätsprüfung des Kreditnehmers durch die Bank. Herr A. hätte irgendein Geschäft, das sich mit „Mensch&Wasser“ beschäftigt, aufziehen wollen, doch stand er bereits mit anderen Krediten in der Kreide. Außerdem, so das Gericht, hat die Bank die Informationspflichten gegenüber der Ex-Frau verletzt. Hätte sie genau gewusst, worauf sie sich da einläßt, hätte sie wahrscheinlich trotz der Drohungen und Beschwichtigungen ihres Ex-Ehemannes nicht unterschrieben.
Recht: Das Urteil 7 Ob 217/99 h; Das Grundsatzurteil betraf eine von ihrem Mann knapp gehaltene Hausfrau, die trotzdem für ihn täglich Fleisch auf den Teller bringen musste. Dann zog er sie mit seiner Bank noch mit einer Millionen-Haftung für einen Firmenkredit über den Tisch.
Abhängig: Der Oberste Gerichtshof (OGH) ließ die Bank abblitzen: Ist der Bürge vom Kreditunternehmer abhängig, zieht er persönlich keinen Nutzen aus dem nicht zu seinen Mitteln passenden Darlehen, und klärt ihn die Bank nicht über das Risiko auf, hat sie kein Recht, ihn hinterher zur Kasse zu bitten.
Quelle: Montag, 22.09.2003, (KURIER | Seite 9)