Höchstgericht: Kredit zur Abdeckung alter Schulden spricht für Fiasko
Seit 1999 hält der Oberste Gerichtshof seine schützende Hand über Bürgen. Die Haftung einer wirtschaftlich abhängigen Ehefrau oder auch eines unter moralischem Druck stehenden Freundes für eine Kreditsumme, die in Missverhältnis zu den eigenen finanziellen Möglichkeiten steht, wurde mehrmals als sittenwidrig verurteilt. Nun hat das Höchstgericht die Warnpflichten der Bank gegenüber Bürgen verschärft.
Eine Konsumentin mit 1000 Euro brutto Einkommen im Monat unterschrieb gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten einen Kreditvertrag über 25.000,00 Euro. Der Kredit diente offensichtlich zur Abdeckung eines anderen offenen Kredits des Lebensgefährten, von dem die Frau wusste. Der Partner konnte die Rückzahlung nicht leisten, die Bank bat die Mitschuldnerin zur Kasse.
Rechtsanwalt Benedikt Wallner führte im Auftrag des Vereins für Konsumenteninformation einen Musterprozess gegen die Bank. Diese wollte sich mit dem Argument, der Hauptschuldner habe die Bürgin über seine finanzielle Situation unterrichtet, aus der Verpflichtung zur Aufklärung stehlen.
Überdies habe der Kreditvertrag einen fett gedruckten Warnhinweis enthalten. Beide Ausreden ziehen nicht. Der Hauptschuldner war kein Verhandlungsbeauftragter des Kreditgebers. Die Bank selbst muss dem Mitschuldner oder Bürgen (auch wenn dieser vorinformiert ist) vor Augen führen, dass der Schuldner seine Verpflichtungen wahrscheinlich nicht erfüllen kann. Wenn der Bürge sich dann frei entscheidet und trotzdem unterschreibt, ist ihm nicht zu helfen.
In diesem Fall spricht schon der „Anschein“ – so steht es im Urteil – dafür, dass die Bank nicht einmal die Einbringung der alten Schulden für gesichert ansah. Umso drastischer hätte sie vor einer neuen Haftung und einem Fiasko warnen müssen.
Seit 1997: Konsumentenschutz für Bürgen
Judikatur: Für den OGH ist eine Bürgschaft sittenwidrig, wenn der Bürge vom Kreditnehmer abhängig ist und ein Missverhältnis zwischen seinen finanziellen Verhältnissen und der Kreditsumme besteht.
Gesetz: Seit 1997 trifft die Bank dem Bürgen gegenüber nach dem Konsumentenschutzgesetz eine Warnpflicht, wenn sie erkennen müsste, dass der Schuldner den Kredit nicht zurückzahlen können wird.
Quelle: Dienstag, 02.03.2004, (Kurier, Seite 10)