WIEN. Die Alpine-Pleite hat für Österreichs Großbanken ein juristisches Nachspiel. Immer mehr Anleger, die Anleihen des Bauriesen gezeichnet und damit Geld verloren haben, ziehen gegen die Finanzinstitute vor Gericht.
Sie werfen ihnen einerseits mangelnde Aufklärung in den Beratungsgesprächen vor, andererseits nehmen sie sie als Emissionsbanken in die Pflicht. Eine Sammelklage ist geplant.
Allein bei der Arbeiterkammer haben sich mittlerweile mehr als 700 Geschädigte gemeldet. "Wir prüfen noch alle Fälle und mögliche Haftungsadressaten. Genaue Gegner stehen noch nicht fest", hieß es am Donnerstag aus der AK zur APA. Über die Finanzierung einer möglichen Intervention sei noch nicht entschieden worden.
Etwas weiter ist da der Wiener Anwalt Benedikt Wallner, bei dem sich 450 Alpine-Anleger gemeldet haben. Wallner bastelt an einer Sammelklage und verhandelt auch bereits mit dem deutschen Prozesskostenfinanzierer Foris, der u. a. die Sammelklagen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen den Finanzberater AWD (Swiss Life Select) finanziert hat. Die Chance, dass die Deutschen sich auch der Causa Alpine annehmen, schätzt Wallner als "sehr hoch" ein. Er ist auch mit der AK in Kontakt. Im Schnitt, sagt Wallner, haben die Anleger 25.000 Euro in die Anleihen der Alpine investiert.
Zwischenzeitlich bringt der Anwalt in der Causa Einzelklagen auf den Weg, 150 Anleger haben ihm ein Mandat erteilt. Während es andere Advokaten bei den Verkaufsbanken und auch beim spanischen Mutterkonzern FCC versuchen, geht Wallner gegen die Emissionsbanken der drei Bonds aus den Jahren 2010, 2011 und 2012, Raiffeisen Bank International (RBI), BAWAG, Erste Group und UniCredit (Bank Austria), vor.
Erste Klage gegen RBI und Bawag
Am Dienstag brachte er die erste Klage gegen RBI und BAWAG ein. Der Vorwurf ist im Grunde kein neuer: Zum Emissionszeitpunkt ging es der Alpine bereits sehr schlecht. Die Banken hätten das wissen müssen, schließlich hatte der Baukonzern hohe Kreditschulden bei ebenden Banken, die die Begebung der Anleihe begleiteten.
Bei der Anleihe aus dem Jahr 2012 agierten RBI und BAWAG als Konsortialführer (Joint Lead Manager) eines Bankenkonsortiums und ermöglichten es der Alpine somit, ihre Papiere am Markt zu platzieren, so Wallner in seiner Klage namens eines Anlegers, der 20.000 Euro investiert hat. Zu diesem Zeitpunkt sei die Baugruppe jedoch bereits überschuldet gewesen und habe Verluste geschrieben. "Die Begebung der Anleihe diente nur dem Hinausschieben der Insolvenz. Es habe "keinerlei Aussicht" gegeben, "das durch die Anleihe aufgebrachte Kapital vereinbarungsgemäß wieder zurückzuzahlen."
Statt selbst Risiken einzugehen, hätten die Banken, die der Alpine Kredite gewährt hatten, Privatanleger an Bord geholt. Dies, obwohl den Geldhäusern spätestens 2009 weder die Bonität der Alpine noch die Garantien der Alpine Holding (diese hat die Anleihe begeben) als Sicherstellung für auszureichende Kredite an die Alpine Bau GmbH gereicht hätten. "Dies gelang nur durch die herbeigeführte Informationsasymmetrie gegenüber den Anleihegläubigern", heißt es in der Klage. In der Folge hätten die Banken ihre ausstehenden Kredite bei der Alpine-Gruppe verringern können.
Seine Ansprüche stützt Wallner auf die Haftung für den Kapitalmarktprospekt, an deren Gestaltung RBI und BAWAG mitgewirkt hätten. Eine Emissionsbank, die wissen müsse, dass die Emittentin die aufgenommenen Mittel nicht zurückzahlen werde können, "muss dafür Sorge tragen, dass diese Information auch im Prospekt enthalten ist", so der Anwalt. Weiters macht der Rechtsvertreter eine Haftung als Beitragstäter aus: Wenn die Banken trotz besseren Wissens um die finanzielle Not der Emittentin die Emission begleiten, nähmen sie bewusst die Schädigung der Anleger in Kauf.
Bei der BAWAG bringt Wallner zusätzlich eine Irrtumsanfechtung ins Spiel. Sein Mandant hat die Alpine-Anteile nämlich bei der BAWAG gekauft. Das Irrtumsargument wird in vielen Anlegerverfahren, zum Beispiel Meinl, vorgebracht und ist ein einfaches: Die Banken, Finanzberater etc. hätten die Kunden nicht genug über Risiken aufgeklärt und sie dadurch in die Irre geführt. Geklagt wird in solchen Fällen auf Rückabwicklung des Geschäfts. Irrtum verjährt drei Jahre nach dem Kauf.
Die nun in Sachen Alpine beklagten Banken kennen die Klage noch nicht. "Da die Klage uns noch nicht zugestellt wurde, wir ihren Inhalt nicht kennen, können wir uns dazu nicht äußern", sagte eine BAWAG-Sprecherin. Auch bei der RBI hieß es, man könne keine Stellungnahme abgeben, weil die Klage noch nicht vorliege.
Einzelklagen auch möglich
Anlegern, die über eine Rechtschutzversicherung verfügen, raten Experten im Fall Alpine zu einer Einzelklage. Ohne Versicherung könnte sich hingegen die Teilnahme an einer Sammelklage für sie lohnen. In dem Fall übernimmt der Prozesskostenfinanzierer das Risiko, schneidet aber auch mit. Die Höhe der Quote hängt wesentlich von der Dauer des Verfahrens ab: Je schneller es geht, desto weniger müssen Anleger vom Erstrittenen abgeben. In Österreich gibt es rein formell gesehen keine Sammelklage. In bisherigen Anlegergroßverfahren haben sich Konsumentenschützer einer Hilfskonstruktion bedient: Sie ließen sich die Ansprüche der Verbraucher abtreten und traten selbst als Kläger auf. Die Geschädigten waren vor Gericht dann nur mehr Zeugen. ÖVP und SPÖ versprechen seit Jahren, eine Gruppenklage einzuführen, umgesetzt haben sie das aber noch nicht.
Quelle: nachrichten.at/apa 13. Februar 2014 - 13:13 Uhr