Wien. Eine Bank ist mit ihrer Klage gegen eine Frau gescheitert. Die Frau hatte in dem Verfahren betont, dass die Bank Formenmissbrauch begangen habe.
Sie war mit ihrem Mann, von dem sie inzwischen geschieden ist, zum Kreditinstitut gefahren. Erst auf der Fahrt sagte der Mann, dass er die Unterschrift der Frau für einen Kredit von 75.000 Euro benötige. Das Einkommen des Mannes war der Bank als Sicherheit nicht ausreichend. Durch das Einbeziehen der Frau wurde das Haushaltseinkommen (mithilfe der Kinderbeihilfe) geschönt. Wofür der Kredit gebraucht werde, traute sich die Frau nicht zu fragen. Der Mann galt als gewalttätig. Auch in der Bank erhielt die Frau keine Informationen über ihre Haftung oder darüber, was mit dem Betrag geschehen solle. Die Frau unterschrieb als Kreditnehmerin. Das Geld ließ der Mann im Endeffekt in die Türkei überweisen.
Der Mann ging in Konkurs, die Bank forderte das Geld von der Frau ein. Vor Gericht zeigte sich, dass es in der Bank Usus war, dass Ehepartner nicht als Bürgen, sondern als Mitschuldner unterschreiben mussten. Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen (62 Cg 93/12w-14) ortete einen Formenmissbrauch. Denn die Kreditaufnahme habe nur den Interessen des Mannes gedient, es lasse sich „auch nicht im Entferntesten ein Eigeninteresse“ der Frau erkennen. Die Frau hätte somit nur als Bürgin unterzeichnen dürfen. Das Gericht erließ der vermögenslosen Frau mit Blick auf die Bürgenschutzbestimmungen die Rückforderung zur Gänze.
Formenmissbrauch üblich
Das Urteil ist rechtskräftig. Für Anwalt Robert Haupt, der die im Prozess siegreiche Frau vertrat, ist der Fall die Spitze eines Eisbergs: Der Formenmissbrauch scheine bei der Bank „ständige Übung“ gewesen zu sein. Das Einkommen von Bürgen dürfe man aber bei der Bemessung der Kreditraten gar nicht berücksichtigen. (aich)
Quelle: "Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2013