Hintergrund. Schiff- und Immo-Fonds als Massenschadenphänomen: Ein Gutachten zeigt auf, wie ein Fondskonzept funktionierte – zum Teil mit beachtlichen Provisionen.
Bei Anlegeranwälten herrscht derzeit in puncto Schiff- und Immo-Fonds hektische Betriebsamkeit: Der Wiener Anwalt Benedikt Wallner betreut „mehr als 100 Mandanten" und hat „rund 250" Gespräche mit verärgerten Anlegern geführt. In den Kanzleien von Michael Poduschka berät man 47 Klienten.
Intensiv hat sich die Wiener Kanzlei Kraft-Winternitz (150 Anleger) mit der Materie auseinandergesetzt. Man ließ den bankrotten Fonds MPC Merkur Sky durch „7TC" analysieren – das Gutachten fiel vernichtend aus und zeigt exemplarisch die Probleme auch in anderen Fonds auf.
Loch auf, Loch zu?
Die Anleger haben sich 2005 und 2006 an einem komplexen Konstrukt im Rahmen einer Personengesellschaft beteiligt. Man investierte in ein 1997 gebautes Containerschiff. Wert damals: 37,9 Millionen €. Zehn Jahre später wurde es um satte 36,15 Millionen € gekauft.
Der Verkäufer war der zuvor aufgelegte Fonds, die Neuanleger haben laut Anwalt Lukas Aigner offenbar Altanleger ausbezahlt – er vermutet dahinter die Absicht, dass so der Schein gewahrt werden sollte, dass das Konzept funktioniere. Gerechtfertigt hatte man den Preis damit, dass der Wert des Schiffs ob eines längeren Chartervertrags eine hohe Ertragswertkomponente aufweise. Weiters ist davon die Rede, dass die Annahmen zu ambitioniert waren, dass Planeinkünfte und Restwert des (jetzt zum Schrottpreis verkauften, Anm.) Schiffs erreicht werden.
Abgesehen davon hatten es auch Weichkosten, „potenzielle Interessenkonflikte" und die Fremdfinanzierung in sich. Banken hatten 70 Prozent des Schiffs finanziert und ein Pfandrecht bekommen.
Die Anleger hatten keines. Sie trugen hingegen „Weichkosten", die bis zu 24,9 Prozent des Anlagebetrages ausgemacht haben sollen: Die Gutachter attestieren, dass etwa 2006 nur drei Viertel des Anlegergeldes ins Schiff flossen.
Beim Restbetrag findet sich neben einem Agio (fünf Prozent) auch ein Posten, der 16,45 Prozent des Angelegten ausmacht: „Kapitalbeschaffungskosten" – oder: Provisionen, die verdeckt gelaufen sein könnten, so Aigner.
Er und Poduschka sagen, dass Vermittler in Österreich, meist Banken, daraus ein Geheimnis machen. Eine WirtschaftsBlatt-Anfrage diesbezüglich bei einer Großbank verlief vorerst ergebnislos.
Die Anwälte feilen nun eifrig an Strategien. Für Aigner etwa ist das gesamte Konzept hochriskant und hätte nie Anlegern als „risikolos" verkauft werden dürfen, zumal bei hohen „Weichkosten" die Rechnung nur schwer aufgehen hätte können. Das hätte man sagen müssen – der Beratungsvertrag mit dem Anleger sei verletzt worden. Weiters verdeutliche deutsche BGH-Judikatur, dass verdeckte Provisionen offenzulegen sind.
Verdeckte Provisionen
Poduschka hakte vor allem bei diesen „Kickbacks" nach. In Deutschland, woher die Fonds meist stammen, gelten viele Ansprüche als nicht verjährt, da Anleger erst jetzt von verdeckten Provisionen erfahren. Diese, in Österreich nicht gängige Judikatur führe dazu, dass in Deutschland Investments 20 Jahre zurück angefochten werden. Wallner weist Ansprüche gegen Emittenten einer deutschen Partnerkanzlei zu – in Österreich sei zunächst Beraterhaftung zu prüfen.
Mit Banken habe es in einigen Fällen bereits erste Vergleiche gegeben, heißt es – außergerichtlich und „still".
Quelle: wirtschaftsblatt, 12.05.2013, 22:36 von Oliver Jaindl