Manchmal sind die Dinge nicht so, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Das eine vom anderen unterscheiden zu können macht den Spezialisten aus:
Ein Patient begab sich für eine Wurzelbehandlung in die Zahnarztpraxis eines Spezialisten, nachdem sein eigener Zahnarzt nicht mehr weiter gewusst hatte. Doch auch danach noch verspürte der Patient Schmerzen. Monate später stellte die Universitätsklinik dann fest, dass die Kieferhöhle durchstoßen wurde und unverträgliches Füllmaterial in diese hineingelangte. In weiterer Folge kam es zu einer massiven Entzündung im Kieferbereich.
Also ein klarer Fall für Schmerzengeld wegen fehlgeschlagener ärztlicher Heilbehandlung, dachte der Patient, und brachte die Klage gegen den Spezialisten ein. Dies, obwohl inzwischen der eigene Gutachter, den der Patient zur Klagsvorbereitung beigezogen hatte, dem Spezialisten bescheinigen musste, dass gar kein Behandlungsfehler vorlag. Was bleibt dann noch? Die Verletzung von Aufklärungspflichten über die erheblichen Risiken der Wurzelbehandlung.
Der beklagte Spezialist wandte nun aber ein, der Zahn sei zuvor schon von einem oder gar mehreren anderen Ärzten wurzelbehandelt worden. Im Zuge dieser Behandlung(en) wurden nicht alle Kanäle gefunden, was zu einer chronischen Entzündung im Kiefer geführt habe. Seine Aufklärung habe er zwar nicht schriftlich dokumentiert, sie sei aber dennoch ordnungsgemäß erfolgt, und danach habe der Patient über die Risken Bescheid gewusst und der Behandlung zugestimmt. Zu einem vereinbarten Kontrolltermin sei der Patient unentschuldigt nicht mehr erschienen.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies das Klagebegehren des Patienten kürzlich ab und stellte fest, dass der behandelnde Spezialist seine Aufklärungspflicht erfüllt hat und dass der Patient sich auch dann für die Behandlung entschieden hätte, wenn er darüber aufgeklärt worden wäre, dass es bei der Behandlung zu einer Überfüllung und damit verbunden zu weiteren Schmerzen kommen könnte. Das Vorliegen eines Behandlungsfehlers wurde – entsprechend dem Gutachten auch des Gerichtssachverständigen – verneint, und ob im Rahmen dieser Behandlung oder schon früher die Kieferhöhle durchstoßen wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden.
Der vom Patienten geschilderte Schmerz war kein Indiz dafür, dass zu viel Füllmaterial in den Wurzelkanal eingebracht wurde, zumal er starke, pulsierende Schmerzen schon vor der Behandlung durch den Zahnarzt verspürt hatte. Selbst wenn dem Zahnarzt eine Überfüllung unterlaufen wäre, hätte es sich zwar um ein Risiko, nicht jedoch um eine Fehlbehandlung gehandelt.
Gegen das abweisliche Urteil hat der Patient dann keine Berufung mehr erhoben.