Bernard Madoff sitzt zur Zeit eine mehrhundertjährige Haftstrafe ab, weil er ein Ponzi-Schema aufgezogen hatte. Amerikaner verstehen ja bei sowas keinen Spaß, sie lassen sich auch kein X für ein U vormachen: If it walks like a fraud, and talks like a fraud, it’s probably a fraud. Anders in Österreich.
Primeo war ein ausländischer Fond, der im Inland angeboten wurde.[1] Das öffentliche Anbieten ausländischer Fonds im Inland ist aber nur zulässig, wenn das Fondsvermögen von einer Depotbank[2] verwahrt wird (Trennungsprinzip):[3] Man kann nicht „den Hund auf die Wurscht aufpassen“ lassen! Nur wenn die Gelder bei einer neutralen Stelle liegen, ist sichergestellt, dass jedem Abfluss von Anteilsscheinen auch ein Zufluss von Geld (uzw nicht bei Madoff, sondern beim Anleger) entspricht.[4]
Der Prospekt musste vom Kontrollor auf seine Vollständigkeit überprüft werden. Falls nun der Prospekt enthält, die Depotbank sei berechtigt, die Gelder (an Madoff) weiter zu geben,[5] aber nicht enthält, dass deswegen der Fonds in Österreich gar nicht angeboten werden darf: ist er dann vollständig?[6]
Die Umgehung des Trennungsprinzips lädt zu Veruntreuung des Fondsvermögens geradezu ein, wie zahlreiche Fälle zeigen.[7] Wenn der Prospekt eine solche Umgehung enthält, legt er einen aus verbrecherischen Angriffen resultierenden Verlust für die Anleger schon nahe. Das hätte, soll sie irgendeinen Inhalt haben, bei der Prospektkontrolle auffallen müssen. Bernard Madoff wäre heute noch ein freier Mann, wäre das Trennungsprinzip eingehalten worden, denn dann hätte er sein Ponzi-scheme gar nicht aufziehen können.
Dem Gesetz entspricht der Prospekt also nicht. Dass der Fond in Österreich gar nicht zugelassen ist, und weswegen, hätte drinstehen müssen. Es ist eine Spitzfindigkeit, den Hinweis auf eine erteilte Berechtigung zur Umgehung des Gesetzes für gesetzeskonform zu halten.
Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien
Quelle: WirtschaftsBlatt, Print-Ausgabe, 2014-04-17 (Rechtsblatt)
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[1] vgl. schon Wilhelm ecolex 2014, 1
[2] § 23 Abs 1 InvFG id damals gF
[3] § 25 InvFG id damals gF
[4] wie jüngst Graf in ZFR 2014/4, 12 zutreffend anmerkt
[5] 6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y; 7 Ob 235/12b
[6] § 26 Abs 2 InvFG
[7] vgl. 1 Ob 186/11a: der AMIS-Schaden konnte erst durch die Verletzung des Trennungsprinzips entstehen