Wiener Hausherr beschaffte sich unter Vorwand Auszug aus Zulassungsregister

Die Informationen aus der Volkszählung oder andere persönliche Daten seien, so wird von offizieller Seite versichert, streng vertraulich. Sie würden nur bei „rechtlichem Interesse“ herausgegeben. Aber was ist „rechtliches Interesse“? 

MIETRECHTSSTREIT Ein Hauseigentümer kündigte einer Wienerin die Mietwohnung im 9. Gemeindebezirk auf, weil sie angeblich keinen Bedarf mehr hat. Sie wohne bei ihrem Ehemann in der Innenstadt.

Als Beweis wurde - neben dem Tratsch der Nachbarn - der „auffällige“ Wagen des Mannes aufgeboten: Der orangefarbene VW Käfer parke nur selten in der Nähe der aufgekündigten Wohnung, woraus zu schließen sei, dass die Frau auch keinen regelmäßigen Aufenthalt dort nehme.

Es fehlte nur noch ein Auszug aus der Zulassungsdatei, den man im Mietrechtsstreit vor dem Bezirksgericht Josefstadt als „Prozess-Munition“ vorlegen konnte.

Also stellte der Anwalt des klagenden Hauseigentümers bei der Bundespolizeidirektion Wien eine Halteranfrage betreffend VW Käfer mit dem Kennzeichen W 326 . . .

Und zwar mit der Begründung, der Pkw habe eine Ausfahrt blockiert, wodurch der Tatbestand der Besitzstörung gesetzt worden sei.

Für die Behörde wurde dadurch - obwohl keine Hinweise auf Besitzstörung, geschweige denn eine Anzeige, vorlagen - schon ein „rechtliches Interesse“ glaubhaft gemacht.

Und der Anwalt bekam anstandslos die gewünschten Auskünfte: Name und Adresse des Zulassungsbesitzers, Motornummer, Anmeldedatum, Erstzulassung, Versicherung.

So leicht kommt man, abseits der Spitzel-Affäre, zu „geschützten“ Daten.

ERSCHLICHEN Der Anwalt des VW-Fahrers, Benedikt Wallner, erlaubte sich die Bundespolizeidirektion darauf aufmerksam zu machen, dass die Halterabfrage unter Umgehung des Datenschutzes offensichtlich erschlichen worden war. Und er begehrte Aufklärung, wie das „rechtliche Interesse“ geprüft worden sei.

Man teilte ihm mit, dass für seine Anfrage nach dem Gebührengesetz 180 S Stempelmarken zu entrichten sind.
Im übrigen sei „die Begründung der Halteranfrage als Besitzstörung gewertet“ worden und „keine unkorrekte Vorgangsweise feststellbar“. Punktum.

Nachzutragen ist noch: Der Hausherr hat den Prozess trotzdem verloren, die Aufkündigung der Wohnung wurde aufgehoben.

Ricardo Peyerl

Quelle: KURIER | 09.05.2001 | Seite 10