Ein Rechtsanwalt kämpft gegen Banken und für Frauen, die zu Unrecht als Bürginnen geradestehen müssen. Ein Skandal und neue Urteile.

Juliana C.* sagt, sie sei wie versteinert dagesessen und habe einen Zettel nach dem anderen unterschrieben. Ihr Mann hatte eine Drohkulisse aufgestellt: Wenn sie nicht für einen 60.000-Euro-Kredit bürge, mit dem er seine Spielschulden begleichen wolle, sei die Familie bedroht. Und die Bank? „Da hat sich niemand um mich gekümmert“, sagt C. Zehn Jahre habe sie gebraucht, um sich aus dem Würgegriff eines großen Geldinstitutes zu lösen. 

Geholfen hat ihr dabei der Wiener Rechtsanwalt Benedikt Wallner. Er gilt als Experte für den Kampf gegen Finanzinstitute, die ihrer Aufklärungspflicht nicht nachkommen. Seit 1997 verbietet es das Konsumentenschutzgesetz, das Risiko bei vielleicht zweifelhaften Krediten „einfach auf die Gemahlin oder den Ex-Partner abzuwälzen“, so Wallner. Gängig sei diese Praxis aber nach wie vor. Und: „Zu 90 Prozent trifft es Frauen.“

Was viele nicht wissen: Man kann sich gegen Forderungen aus Krediten wehren, von denen man selbst nichts hat, für die man aber geradesteht. Wallner gewann kürzlich mehrere Verfahren gegen Geldinstitute, die sich beim sozialen Umfeld schadlos halten, ohne mit diesem zuvor über die Risiken einer Bürgschaft gesprochen zu haben. Die Urteile – zwei davon sind rechtskräftig – liegen profil vor. 

Die Banken müssen Bürgen und Bürginnen warnen, so Wallner: „Wissen Sie, was Sie tun? Wie es um die Finanzen Ihres Mannes bestellt ist? Wir glauben, dass er den Kredit nicht abzahlen wird.“ In den Urteilen ist nachzulesen, was seine Mandantinnen stattdessen zu hören bekamen: „Reine Formsache.“ „Machen Sie sich keine Sorgen. Selbst wenn Ihr Mann sterben sollte, zahlen Sie nichts.“ Oder: „Das ist nur für drei Monate.“ Die Nachwirkungen einer Unterschrift sind gravierend: „In der Regel ist die Bonität zerstört, denn die Banken setzen die Bürginnen auf die schwarze Liste des Kreditschutzverbandes“, so Wallner. Dazu kommen: Zinsen, Inkassogebühren, Pfändungen, im schlimmsten Fall sind die Wohnung und der Job weg. 

Sie habe sich in die Normalität zurückgekämpft, sagt C. Wütend ist sie immer noch. „Da wird viel verschleiert und schöngeredet.“ Juliana C. hatte Eltern, die ihr halfen: „Aber ich durfte keine Kreditkarte haben und konnte im Internet nicht einmal Kleinigkeiten auf Rechnung bestellen.“ 

Ihr Rechtsbeistand, Benedikt Wallner, rechnet damit, dass nach der Pandemie „noch mehr Bürginnen zum Handkuss kommen“. Menschen wurden arbeitslos, brauchten ihre Ersparnisse auf und können sich Anschaffungen nur mehr „auf Pump“ leisten. Selbstständige kamen ins Trudeln. Wenn offene Kredite fällig werden, steigt auch der Druck auf Frauen wieder. Auf Wallner könnte einige Arbeit zukommen. EM 
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*Name von der Redaktion geändert 

Quelle: profil 28, 11.7.2021