Ein Jahr nach Konkurseröffnung der Alpine wird nun verstärkt nach Schuldigen gesucht. Die Banken dürften von der Finanzschwäche des Baukonzerns gewusst haben.
Für Masseverwalter Stephan Riel sind die größten Brocken bei der Alpine-Pleite, mehr als ein Jahr nach Konkurseröffnung, einmal aus dem Weg geschafft: Das gröbste Chaos ist beseitigt, die Prozesse großteils aufgearbeitet, sodass die Gerichte ihre Arbeit tun können. Riel selbst hat erst kürzlich eine Anfechtungsklage gegen die Alpine-Mutter FCC wegen des Verkaufs der Alpine Energie eingebracht. "Das wird sicher nicht die letzte sein", kündigt er an.
Speziell die Rolle der beteiligten Banken dürfte die Gerichte noch eine Weile beschäftigen. Und zwar in vielerlei Hinsicht: Beratungsfehler im Zusammenhang mit den Alpine-Anleihen in den Jahren 2010 bis 2012 wurden schon vereinzelt eingeklagt. Anwalt Benedikt Wallner hingegen schießt sich auf die Emissionsbanken der Anleihen, Bawag, UniCredit, Raiffeisen und Erste, ein: Er glaubt, dass diese die Emission nie begleiten hätten dürfen. 100 Anleger wollen die Banken individuell klagen, weitere 450 sollen in einer Sammelklage zusammengefasst werden, die von Prozessfinanzierer Foris finanziert werden soll. Nach den Sommerferien sollen die Gespräche dazu abgeschlossen sein.
Zweifel an der Bonität
Für Wallner dürfte das, was sich im Gutachten des Steuerberaters Manfred Biegler zur "Frage der Erfüllung der ULSG-Voraussetzungen", das dieser für das Finanzministerium erstellt hat, findet, von Bedeutung sein. Schon 2010 hätten die kreditgebenden Banken Zweifel an der Refinanzierungsfähigkeit der Alpine gehabt, weshalb "Covenants", also Kreditzusatzklauseln, vereinbart werden mussten. "Wären die unkommittierten Kreditlinien durch die finanzierenden Banken zum Teil oder vollständig fälliggestellt worden, wäre die Alpine Bau wohl schon Ende 2009 einer massiven Bedrohungssituation ausgesetzt und Anleiheplatzierungen im geplanten Ausmaß wohl kaum mehr möglich gewesen", heißt es im Gutachten.
Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für eine Vergabe des ULSG-Kredits, für die der Bund haftet, nicht gegeben gewesen, weil der Antrag von der Alpine-Tochter in der Schweiz eingebracht worden sei. Wie berichtet, fordern sieben Banken die Auszahlung der 71-Millionen-Euro-Garantie. Das Biegler-Gutachten lässt die Auszahlung in weite Ferne rücken. Aber bis zum nächsten Gerichtstermin Mitte September wollen die Banken mit einem Gutachten des Linzer Experten Dietmar Aigner kontern.
Rasante Ermittler
Nicht weniger als drei Staatsanwälte und ein Oberstaatsanwalt arbeiten bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft am Kriminalfall Alpine. Sieben Personen, ehemalige Manager, und das Unternehmen selbst werden als Beschuldigte geführt. Neben Betrug wird auch wegen Untreue, betrügerischer Krida und Bilanzfälschung ermittelt. Wie dringlich die Ermittler die Problematik einstufen, zeigt sich nicht nur an den Hausdurchsuchungen, die Anfang Juni stattgefunden hat, sondern auch am Ermittlungstempo. Auch jetzt in den Sommermonaten sind etliche Beschuldigten-Einvernahmen angesetzt.
Quelle: FORMAT.at vom 25.07.2014, Angelika Kramer