Finanzberater zog Berufung zurück, Urteil auf Schadenersatz damit rechtskräftig

Im Rechtsstreit eines AWD-Kunden gegen den umstrittenen Finanzproduktevertrieb ist ein im November ergangenes Urteil auf Schadenersatz nun rechtskräftig geworden. Der konservative Anleger, der ein Sparprodukt kaufen wollte, war von seinem AWD-Berater ohne Aufklärung über die Risiken eines Aktieninvestments zum Kauf von Immofinanz-Aktien überredet worden.

Der AWD hatte Berufung eingebracht, diese aber nun zurückgezogen. Damit ist das Urteil rechtskräftig, der AWD muss Schadenersatz leisten. "Wir haben den Fall erneut evaluiert und sehen keinen Anlass, das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen", sagte AWD-Sprecher Hansjörg Nagelschmidt dem Standard. Im Fall strittiger Beratungen stehe der AWD zu seiner Verantwortung. Man könne dieses Verfahren aber keinesfalls als Musterfall sehen, sagte Nagelschmidt.

Der Anwalt des Klägers, Benedikt Wallner, sieht darin hingegen "eine Stärkung unserer Position" . Er vertritt weitere 500 Geschädigte, die gegen den AWD wegen falscher Beratung vorgehen wollen. "Das sind alles ähnliche Fälle von Sparbuchsparern, denen Immofinanz als sichere Anlage verkauft wurde", erklärte Wallner.

Etappensieg

Auch beim Verein für Konsumenteninformation (VKI), der für 2300 Geschädigte Sammelklagen gegen den AWD vorbereitet, sieht man in dem Urteil einen Etappensieg. Der gewonnene Fall sei typisch für viele AWD-Beratungen.

Der VKI will Ende Juni die erste Sammelklage mit rund 100 "wasserdichten" Fällen einbringen, sagte VKI-Rechtsexperte Peter Kolba. "Wir sehen in all diesen Fällen systematische Fehlberatung. Bis 2003 wurde sogar behauptet, es handle sich bei den Immofinanz-Aktien um einen Immobilienfonds." Viele AWD-Berater hätten die Aktien auch als "mündelsichere" Anlage bezeichnet.

Für die Falschberatungen gebe es Gesprächsprotokolle und vom AWD verteiltes Informationsmaterial als Nachweis und viele Zeugen. Verwandte und Freunde, die bei den Beratungsgesprächen dabei waren und ehemalige AWD-Berater, die zu Aussagen bereit seien.

Von den 2300 dem VKI anvertrauten Fällen habe man bisher etwa 65 Prozent auf Klagfähigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen geprüft. Bislang seien erst zehn Fälle wegen fehlender Unterlagen ausgeschieden worden, so Kolba.

Quelle: DER STANDARD / 15.05.2009 / von Gabriele Kolar