Was ist irreführende Werbung, und gibt eine „grundbücherliche Sicherstellung“ immer Sicherheit?
Das vom VKI erwirkte – nicht rechtskräftige – Urteil[1] des Handelsgerichtes Wien gegen die WIENWERT Immobilien Finanz AG gibt vorläufig Antworten:
Eine Radiowerbung hatte gelautet: „6,5%. Grundbuchsgesichert. Nur fünf Jahre Laufzeit. Die Wienwert Immobilienanleihe. Mehrwert – Wienwert. Informieren Sie sich unter wienwert.at. Den Kapitalmarktprospekt gibt es bei der Wienwert Immobilien Finanz AG oder unter wienwert.at“.
Werbung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, einen Marktteilnehmer in Bezug auf das Produkt zu täuschen und so zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Zu den wesentlichen Produktmerkmalen gehören neben Verfügbarkeit, Vorteile, Ausführung und Zusammensetzung auch etwaige Risiken. Gerade bei Wertpapieren spielt die Einschätzung des mit ihnen verbundenen Risikos eine entscheidende Rolle.
Der angesprochene Verbraucher entnimmt dem Hinweis auf bücherliche Sicherheit die Aussage, dass damit sein Anlagegeld voll gedeckt sei, was bei Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft nicht mehr in der Ingerenz der Beklagten liegen und AUCH bei nachrangiger Eintragung nicht mehr der Fall sein muss. Der Ertrag ist zwar wesentlich höher als derzeit bei einem Sparbuch odgl, aber auch nicht so hoch, dass der Durchschnittsverbraucher daraus ableitet, dass es Kapitalsicherheit nicht in jedem Fall geben könne (Anm: nach der Rechtsprechung gibt es angeblich keine Geschenke im Wirtschaftsleben,[2] jedenfalls nicht für die Kunden. Diese müssten daher aufpassen, was ihnen versprochen wird, und bei absurd hohen Gewinnversprechen hellhörig werden).
Die Werbeschaltungen sind infolge der Hervorhebung unbedingter, geprüfter Sicherheit irreführend, wobei die kleingedruckten, kaum lesbaren Hinweise nicht ausreichend sind, um diesen Eindruck zu widerlegen.
Das Transparenzgebot verlangt Erkennbarkeit und Verständlichkeit sowie Bestimmtheit. „Unverständlich“ bedeutet, dass der Durchschnittskunde den Inhalt und die Tragweite der Klausel nicht durchblicken kann. Die Klausel sieht grundbücherliche Sicherstellung vor, enthält aber zugleich Einschränkungen, deren Bedeutung und Tragweite für den Durchschnittsverbraucher nicht nachvollziehbar sind und von unbestimmten Umständen („sofern möglich“) abhängig sind bzw die der freien Disposition der Beklagten oder der Zwischengesellschaft unterliegen, da keine Richtlinien für Kreditfinanzierungen und Eigenmittelfinanzierungen vorgegeben sind.
Im Hinblick darauf, dass Kleinanleger in mehreren Massenmedien angesprochen wurden und zumindest mehrere 100 von ihnen nach den als unzulässig erkannten AGB auch Verträge geschlossen haben, ist die Veröffentlichung in einer Samstagausgabe der Kronenzeitung angemessen.
Soweit das Urteil. Blickt man in den Kapitalmarktprospekt, so wird dort in den Risikohinweisen (19 Seiten „Risikofaktoren“) u.a. darauf verwiesen:
„Für die Anleger besteht das Risiko, dass die Emittentin nicht in der Lage ist, die Zinsen und/oder die Rückzahlung des Kapitals in Entsprechung der Anleihebedingungen (rechtzeitig) zu leisten; realisiert sich dieses Risiko, so haben die Anleihegläubiger einen Teil- oder Totalverlust zu tragen, der sowohl Zinsen als auch das eingesetzte Kapital umfasst.“[3] Das klingt merkwürdig, besteht doch angeblich grundbücherliche Sicherheit. Dazu der Prospekt: „Die grundbücherliche Sicherstellung erfolgt im Fall einer gänzlichen Finanzierung des Ankaufs einer Liegenschaft bzw. von Liegenschaftsanteilen bzw. einer Liegenschaftsbesitzgesellschaft – sofern möglich – aus dem Anleihekapital erstrangig auf dieser Liegenschaft bzw. diesen Liegenschaftsanteilen. Wird bei einem solchen Ankauf jedoch nur der Eigenmittelanteil im Zuge einer Bankenfinanzierung aus dem Anleihekapital finanziert, erfolgt die grundbücherliche Sicherstellung der Anleihegläubiger bzw. des investierten Anleihekapitals im Rang nach dem Pfandrecht zu Gunsten der Bank.“[4]
Alles klar? Nein? Sollte es aber sein, denn der Oberste Gerichtshof sieht das im Allgemeinen so: „Der Prospekt bildet im Regelfall die Grundlage für den wirtschaftlich bedeutsamen und mit Risken verbundenen Beteiligungsbeschluss."[5] Ziel des Gesetzgebers war es schließlich, den Anlegern ein leicht verständliches, genaues und vollständiges Bild mit einfacher und verständlicher Sprache und Zusammenfassung in nur 2.500 Worten zu vermitteln.[6]
Aber wie sagt schon der Prospekt an anderer Stelle so zutreffend: „Die Interessen der Emittentin und jene der Anleihegläubiger sind nicht deckungsgleich.“[7]