Auf Volkswagen kommen in den nächsten Monaten zwei Klagewellen zu: Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und Cobin Claims strengen derzeit für Autokunden der Marken VW, Audi, Seat und Škoda Verfahren an. Allein beim VKI gingen bis zum 20. Mai rund 10.000 Anmeldungen ein.
Die Geschädigten schlossen sich damit dem Verfahren an, in dem es um den Wertverlust bei Fahrzeugen geht, bei denen eine unzulässige Software den Dieselmotor steuert; der VKI wird voraussichtlich einen Wertverlust von 20 Prozent ansetzen. Außerdem geht es um nachteilige Folgen des Softwareupdates durch den Autohersteller. Den Auftrag zu den Sammelklagen hatten das Bundessozialministerium und die Bundesarbeiterkammer im Februar gegeben.
Die Kanzleien Brauneis Klauser Prändl und Poduschka werden in den kommenden Wochen nun an allen 16 Landesgerichten Klagen einbringen. Das ist erforderlich, weil sich der Gerichtsstand nach dem Auslieferungsort des Pkw richtet. Die Anwälte werden die Ansprüche also regional gebündelt vorbringen.
Auch untereinander werden sich die Anwälte die Prozessführung entlang der Gerichtssprengel aufteilen. Dabei übernimmt voraussichtlich jeder etwa die Hälfte. Michael Poduschka wird den VKI mit seiner Kanzlei vor allem in Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg vertreten. Dr. Alexander Klausers Team wird sich auf Ostösterreich konzentrieren.
Weitere tausend Fälle angemeldet
Cobin Claims ist bereits mit einer Klage vor dem Handelsgericht Wien am Ball. Im März reichte Dr. Benedikt Wallner dort eine Klage, in der fünf Fälle von über tausend gebündelt sind. Genau wie die VKI-Anwälte plant Wallner zusammen mit Eric Breiteneder und Dr. Alexander Amann von der liechtensteinisch-schweizerischen Kanzlei Schwärzler, an sämtlichen Landesgerichten Klagen einzubringen; der nächste Schritt könnte Feldkirch oder Innsbruck sein.
Der Verein Cobin Claims entstand im Februar 2017 und verfolgt bei Massenschäden die Interessen von Verbrauchern, Kleinunternehmen und Privatanlegern. Neben den Dieselverfahren ist Cobin unter anderem auch in den Komplexen Wienwert und Frankenkredite tätig. Im Beirat des Vereins finden sich unter anderem auch der deutsche Verbraucheranwalt Prof. Dr. Julius Reiter und die frühere Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof Prof. Dr. Verica Trstenjak.
Prozessfinanzierer mit 10 bis 35 Prozent beteiligt
In beiden Fällen sind Prozessfinanzierer mit an Bord, dadurch besteht für die Teilnehmer an den Sammelklagen kein Prozesskostenrisiko. Die Prämie des britischen Finanzierers Calunius beträgt bei Cobin Claims 35 Prozent. Bei den VKI-Klagen liegt die Quote von Roland ProzessFinanz aus Köln zwischen zehn und 35 Prozent abhängig davon, in welchem Stadium der Streit endet. Geht das VKI-Verfahren in die dritte Instanz, könnte die Quote 37,5 Prozent betragen.
In einem weiteren VW-Verfahren von Michael Poduschka wird sich das Landesgericht Linz voraussichtlich am 29. Mai mit einem Sachverständigengutachten befassen, das laut Poduschka „erstmals im deutschsprachigen Raum“ feststellt: Ohne die verbotene Abschaltvorrichtung überschreite das Fahrzeug des Klägers im Testmodus des ‚Neuen Europäischen Fahrzyklus‘ klar die Stickoxidgrenzwerte. (GZ: 63 CG 27/16s)
Die dreijährige Frist für Klagen gegen VW läuft Mitte September aus, denn der Autobauer räumte die Probleme am 19. September 2015 erstmals öffentlich ein. Betroffen sind in Österreich nach VKI-Angaben rund 360.000 Fahrzeuge mit dem Dieselmotor EA 189.
Vertreter Cobin Claims
Wallner Jorthan (Wien): Dr. Benedikt Wallner (Verbraucherrecht/Prozessführung)
Breiteneder (Wien): Eric Breiteneder (Verbraucherrecht/Prozessführung)
Schwärzler (Schaan): Dr. Alexander Amann (Verbraucherrecht/Prozessführung)
Vertreter VKI
Brauneis Klauser Prändl (Wien): Dr. Alexander Klauser (Verbraucherrecht/Prozessführung)
Poduschka (Linz): Dr. Michael Poduschka (Verbraucherrecht/Prozessführung)
Vertreter Volkswagen
Freshfields Bruckhaus Deringer (Wien): Dr. Sabine Prossinger – aus dem Markt bekannt
Pressl Endl Heinrich Bamberger (Salzburg): Dr. Michael Pressl (Prozessführung)
Hintergrund: Der VKI mandatierte mit Alexander Klauser und Michael Poduschka zwei Anwälte, die mit ihren Kanzleien immer wieder für den Verband Verfahren führen. Beide treten aber auch schon von Anfang an für Konsumenten und Unternehmer in Auseinandersetzungen mit dem Autohersteller auf.
Die Klagen für Cobin Claims bearbeiten die erfahrenen Verbraucheranwälte Benedikt Wallner und Eric Breiteneder. Wegen der Erfahrungen aus den Schweizer Prozessen gegen Volkswagen arbeiten sie zudem mit Dr. Alexander Amann zusammen.
Aufseiten von Volkswagen sind Freshfields Bruckhaus Deringer und Pressl Endl Heinrich Bamberger (PEHB) seit Anbeginn mit der Prozessführung in den Pkw-Verfahren betraut.
Quelle: juve.de, Raphael Arnold, 23.05.2018