Die Arbeiterkammer (AK) Wien hat drei große Sammelklagen gegen die Emissionsbanken der Alpine-Anleihen aus den Jahren 2010 bis 2012 eingebracht. Der Streitwert dieser drei Anlegerklagen um den 2013 in die Pleite geschlitterten österreichischen Baukonzern liegt bei 21,9 Millionen Euro. 

Insgesamt hat die AK in Vertretung von 1.411 Anlegern 19 Klagen gegen Banken eingebracht. Diese richten sich zum einen gegen die Emissionsbanken der Anleihen und zum anderen gegen Geldhäuser, die die Anleihen verkauft haben. Der Gesamtstreitwert beläuft sich auf knapp 27 Millionen Euro.

Die von 2010 bis 2012 begebenen Anleihen des Pleitekonzerns summierten sich auf 290 Millionen Euro. Die AK wirft den Banken vor, die Anleihe-Emissionen begleitet zu haben, obwohl die Geldhäuser von der finanziellen Schieflage des Konzerns wussten. Die Kammer beruft sich dabei im Wesentlichen auf die zivilrechtliche Prospekthaftung.

Konkret geht es erstens um eine Anleihe von 2010 mit einem Emissionsvolumen von 100 Millionen Euro, die die UniCredit Bank Austria und die Bawag begleiteten. Die AK klagt hier für 502 Anleger, der Streitwert liegt bei 9,8 Millionen Euro. Die zweite im Jahr 2011 begebene Anleihe von 90 Millionen Euro begleiteten die Erste Group Bank und die UniCredit Bank Austria. Die AK vertritt in diesem Fall 360 Anleger, der Streitwert beläuft sich auf 5,9 Millionen Euro. Die letzte Anleihe mit einem Emissionsvolumen von 100 Millionen Euro begleiteten erneut die Erste Group Bank und die UniCredit Bank Austria. In diesem Fall geht es um 369 Anleger. Der Streitwert liegt bei 6,2 Millionen Euro.

Nach Einschätzung Beteiligter wird sich das Verfahren noch einige Jahre hinziehen. Allein bis das nötige Sachverständigengutachten zur finanziellen Lage der Alpine zum Zeitpunkt der Anleiheemissionen steht, werden voraussichtlich eineinhalb bis zwei Jahre vergehen. Die Kosten für das Gutachten werden auf eineinhalb bis zwei Millionen Euro geschätzt.

Um der Verjährung der Ansprüche entgegenzuwirken, hat die AK am 9. Oktober 2015 zusätzlich für knapp 1.000 Anleger einen Privatbeteiligtenanschluss an das seit Längerem laufende Strafverfahren in der Causa Alpine eingebracht. In diesem Verfahren stehen mehr als zwei Dutzend Personen unter dem Verdacht des schweren Betrugs, der Bilanzfälschung, Untreue sowie Bestechung von Amtsträgern.

Des Weiteren hat allein die AK schon im Vorfeld 16 Klagen gegen Banken eingebracht, die die Alpine-Anleihen vertrieben haben. Dabei bezieht sich die Kammer auf Falschberatung und Irrtum. In einigen Fällen kam es hier bereits zu einem Vergleich. Die Finanzierung der AK-Prozesse übernimmt der Prozessfinanzierer Roland aus Köln, der unter anderem auch den Österreicher Max Schrems im Verfahren gegen Facebook absichert.

Zahlreiche weitere Einzelklagen von Anlegern gegen Geldhäuser, die Alpine verkauft und zum Teil auch die Emissionen begleitet haben, stehen im Raum. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.

Vertreter Anleger (über AK)
Benedikt Wallner (Wien): Dr. Benedikt Wallner; Associate: Isabella Jorthan

Vertreter Anleger (Einzelklagen)
Poduschka (Wien): Michael Poduschka – aus dem Markt bekannt

 

Vertreter RBI
Grohs Hofer (Wien): Dr. Martin Oppitz – aus dem Markt bekannt

Vertreter Bawag
Fellner Wratzfeld & Partner (Wien): Dr. Markus Fellner; Associates: Christian Thaler, Magdalena Warum, Patrick Andrieu (beide Rechtsanwaltsanwärter)

Vertreter UniCredit Bank Austria
Doralt Seist Csoklich (Wien): Prof. Dr. Raimund Bollenberger; Associate: Dr. Markus Kellner – aus dem Markt bekannt

Vertreter Erste Bank
Binder Grösswang (Wien): Dr. Stefan Albiez; Associates: Dr. Diana Holzinger, Thomas Hartl, Adrian Zwettler, Thomas Baumgartner (alle drei Rechtsanwaltsanwärter)

Vertreter RLB Oberösterreich, Oberbank, VKB Bank (Einzelklagen)
Haslinger Nagele & Partner (Linz): Dr. Michael Magerl, Christoph Dupal

 

Hintergrund: Wallner gehört seit vielen Jahren im Zusammenhang mit Sammelklagen von Anlegern in Österreich zu den bekanntesten Kanzleien im Land. Namenspartner Dr. Benedikt Wallner vertritt im Bank- und Kapitalmarktrecht ausschließlich gegen Banken und sonstige Finanzinstitutionen. Er arbeitet in vielen Fällen mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) und der AK zusammen. Eine weitere Adresse, die sich als Anlegervertretung in der Republik einen Namen gemacht hat, ist die Kanzlei Poduschka. Insbesondere seit der Causa AWD im Jahre 2008 sind beide Kanzleien auf dieses Thema spezialisiert.

Binder Grösswang hat sich einen starken Ruf in der Abwehr von Anlegerklagen erarbeitet und und hat große Expertise, was Sammelklagen anbelangt. So vertrat die Kanzlei beispielsweise die AWD in der großen Klagewelle und kennt die Anlegervertreter Wallner und Poduschka daher gut.

Fellner ist für seine Expertise im Umfeld von Restrukturierungen bekannt und an nahezu jeder Aufarbeitung von Unternehmenskrisen aufseiten der Banken beteiligt. Er war auch im Jahre 2013 im Zusammenhang mit der Alpine-Sanierung an der Seite der Gläubigerbanken und Kreditversicherer, als diese eine Einigung mit der Republik Österreich erzielten.

Haslinger Nagele ist nach JUVE-Informationen die einzige Kanzlei in Oberösterreich, die spezialisiert Bankrecht anbietet und langjährige Beraterin der RBL Oberösterreich. (Claudia Otto)

Quelle: http://www.juve.de - 14.10.2015