Wien/Wals (APA) - Die Arbeiterkammer hat in der Causa Alpine einen juristischen Teilsieg errungen. Die AK-Sammelklage gegen die Erste Bank ist zulässig, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Wien. Die AK hat insgesamt 16 Sammelklagen gegen Banken eingebracht, die riskante Alpine-Anleihen an Kleinanleger verkauft haben. Zwei dieser Sammelklagen waren allerdings vom Handelsgericht (HG) Wien zurückgewiesen worden.
Die zwei beklagten Banken - eine davon ist die Erste Bank - kennen die Klagen der Arbeiterkammer noch gar nicht. „Die Zustellung ist noch nicht erfolgt, weil der Richter sofort eine Zurückweisung gemacht hat“, erklärte AK-Juristin Margit Handschmann der APA. Nach dem nunmehrigen OLG-Beschluss geht die Konsumentenschützerin davon aus, dass das Oberlandesgericht auch die zweite strittige Sammelklage für zulässig erklärt.
Bei der Erste Bank hieß es auf APA-Anfrage, dass man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Stellungnahme abgeben könne. „Wir warten auf die Zustellung“, so ein Sprecher.
Das Thema Sammelklagen sorgt in Österreich immer wieder für Streit, weil es dazu nach wie vor keine gesetzliche Regelung gibt. In zahlreichen großen Anlegerverfahren haben sich die beklagten Firmen mit allen juristischen Mitteln gegen eine Sammelklage gewehrt. Konsumentenschützer wie die AK oder der Verein für Konsumenteninformation (VKI) fordern seit Jahren, die Möglichkeit einer Gruppenklage einzuführen. Bisher gibt es eine solche nicht, sodass sich Verbraucherschützer und Prozessfinanzierer eines Hilfskonstrukts bedienen: Sie lassen sich die Ansprüche der mutmaßlich Geschädigten abtreten und treten vor Gericht selbst als Kläger auf. Die betroffenen Konsumenten sind dann nur mehr Zeugen.
Die Umsetzung der Gruppenklage steht im aktuellen Regierungsprogramm. Geschehen ist bisher aber nichts. Auch in der Legislaturperiode davor waren SPÖ und ÖVP trotz Versprechungen untätig geblieben.
Im aktuellen Fall befand das OLG Wien, dass für alle Anlegeransprüche gleiche Fragen tatsächlicher und rechtlicher Natur zu lösen seien, die eine ganz wesentliche Vorfrage aller Ansprüche beträfen. Es muss nämlich geklärt werden, ob der pleitegegangene Baukonzern Alpine zum Zeitpunkt der Begebung seiner ersten Anleihe im Jahr 2010 bereits überschuldet war, sodass schon damals ein Insolvenzverfahren eröffnet hätte werden müssen - und ob die beklagte Bank davon gewusst hat, sagte Handschmann.
„Bei der vom Erstrichter beabsichtigten Trennung in Einzelklagen hätten diese Vorfragen in jedem Verfahren geprüft und entschieden werden müssen“, so die AK-Juristin. Daher sah das OLG Wien die für die Zulässigkeit der Sammelklage geforderte Prozessökonomie als gegeben an. Dass mit der Sammelklage Ansprüche aus allen drei Alpine-Anleiheemissionen (2010, 2011 und 2012) geltend gemacht wurden, war für das OLG Wien kein Problem. Die AK hat bei der Erste Bank 617.000 Euro für 55 Anleger eingeklagt.
Von der Alpine-Pleite im Sommer 2013 sind rund 7.000 Privatanleger betroffen, die in den Jahren 2010 bis 2012 drei Anleihen der Alpine Holding in Höhe von 290 Mio. Euro gezeichnet haben. Rund 1.250 Anleger mit einem Schadensvolumen von 28 Mio. Euro haben sich an die AK gewandt, die bisher 16 Sammelklagen gegen österreichische Banken eingebracht hat. Der Vorwurf: Die Banken hätten die Bonds in großem Stil an ihre Kunden vertrieben, ohne sie über die schlechte Bonität der Alpine und damit das Risiko des Investments aufgeklärt zu haben. Die Banken haben die Anwürfe bisher stets zurückgewiesen.
Im September will die Arbeiterkammer drei weitere millionenschwere Sammelklagen gegen jene Banken einbringen, die die Emissionen begleitet haben. Viele Anleger, die über eine Rechtsschutzversicherung verfügen, sind diesen Weg bereits gegangen.
Der Alpine-Konkurs ist auch strafrechtlich noch lange nicht aufgearbeitet. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt nach wie vor gegen 20 Personen - großteils Manager der Alpine und des spanischen Mutterkonzerns FCC - unter anderem wegen schweren Betrugs und Bilanzfälschung.
Quelle: Tiroler Tageszeitung Online 26.08.2015 05:03