EU-Wahlen sind. Wenn drei Viertel unserer Gesetze aus Straßburg kommen, könnte man ausrechnen, dass die Wahl zum EU-Parlament gewichtigere Auswirkungen auf uns hat als die zum heimischen. (Freilich meinen manche Leute noch immer, wir würden in Österreich eine Regierung wählen, und nicht das Parlament.) Zwar macht das EU-Parlament nicht alle EU-Gesetze allein. Aber warum eigentlich nicht?

Sogar die hellsichtigsten unter unseren heimischen Kommentatoren beteiligen sich am EU-bashing, zeigen mit dem Finger auf die Regelungswut der EU (Stichwort Gurkenkrümmung) und beklagen Brüsseler Entmündigungsideen. [1] Was ist eigentlich kleingeistig? Jedenfalls dies: selbstverstärkend!

Als im März 2011 internationale Blätter schon von Skandal sprachen, weil im Raum stand, EU-Kommissare seien käuflich, titelten Österreichs Zeitungen noch unkritisch: "'Zickenkrieg' in der EU-Delegation der ÖVP". [2] In der Folge hat's dann in Österreich schon auch noch gekracht, aber im Visier standen eine Person oder eine Partei, nicht die Handlung. Die Handlung, um die es ging, war diese: Der Kommissar möge sich gegen Geld für einen Europäischen Gesetzesantrag zum Anlegerschutz verwenden! (Und nachdem hier keine Verbraucherorganisation geschmiert hätte, wird wohl kaum die Ausweitung des Anlegerschutzes Thema gewesen sein.) Diese Handlung betrifft Sparer und Bankkunden nicht nur in Österreich, sondern auch in Lettland, Portugal, Dänemark und sogar Großbritannien.

Wir wissen noch nicht mit letzter Sicherheit, ob sowas geht. Aber wenn sowas geht, ist es ein Desaster, das jeder und jede in der Geldbörse spürt, und sei es über Umwege. Wenn schon sich über die EU aufregen, dann über die Schwäche der Europäischen Gesetzgebung für Lobbyisten der Finanzindustrie. Haben wir hier im Mitgliedsstaat ausreichend verstanden, dass jede Sache, die in der EU verhandelt wird, unsere Sache ist?

Benedikt Wallner, 01.02.2014

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[1] Kulturrevolution in Brüssel, Einserkastl RAU vom 20. Jänner 2014, Der Standard

[2] http://derstandard.at/1297820713902/Zickenkrieg-in-der-EU-Delegation-der-OeVP