Bisher ging man davon aus, dass sämtliche Schadensersatzansprüche aufgrund des VW-Dieselskandals im September 2018 verjährt sind. Doch eine aufgefundene Pressemitteilung der Volkswagen AG eröffnet Geschädigten des VW-Abgasskandals neue Möglichkeiten:
Volkswagen ließ nämlich in dieser Pressemitteilung vom 02.03.2016 verlautbaren, dass die Untersuchungen bezüglich der Vorgänge und Verantwortlichen rund um die Diesel-Problematik noch fortgeführt werden. Auch werde nach bisherigem Erkenntnisstand eine Gruppe von Personen ermittelt, die sich auf Ebenen unterhalb des Konzern-Vorstands eigenständig dazu entschlossen habe, die Motorsteuerungssoftware zu verändern.
Die Verjährungsfrist in Österreich beträgt drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Mit Kenntnis ist gemeint, dass der Sachverhalt dem Geschädigten so weit bekannt ist, dass er mit Aussicht auf Erfolg klagen kann, also in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten. Das bedingt die Kenntnis des Kausalzusammenhangs und - bei verschuldensabhängiger Haftung - auch die Kenntnis der Umstände, die das Verschulden begründen.
Wenn nun aber nicht einmal Volkswagen im Jahr 2016 konkrete Informationen zur Diesel-Problematik hatte, kann man einem technischen Laien erst recht keine Kenntnis unterstellen. Dies würde bedeuten, dass die Ansprüche der Geschädigten noch nicht verjährt sind! Da die Verjährungsfrist jedenfalls drängt, gilt es allerdings keine weitere Zeit mehr zu verlieren.
Hat hingegen ein Geschädigter einen Privatbeteiligtenanschluß im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren (sei es durch den VKI oder durch einen Anwalt) einbringen lassen, ist die Verjährung der Ansprüche ohnehin gehemmt. Eine Klage wäre daher noch immer möglich.
Wir fordern für unsere Klienten mittlerweile die Rückerstattung des gesamten bezahlten Kaufpreises – ohne Abzug eines Benützungsentgeltes – samt 4 % Zinsen ab dem Tag der Zahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des manipulierten Fahrzeuges.
Ein Abzug des Benützungsentgeltes erfolgt in diesem Fall nicht, da dies nicht automatisch erfolgen darf, sondern das Gericht vielmehr zu prüfen hat, ob bei einer Betrachtung eine Entlastung des Schädigers sachlich gerechtfertigt erscheint. Die Entlastung eines sittenwidrigen Schädigers, der millionenfach den Einbau einer Betrugssoftware veranlasst und dadurch die Behörden und seine Kunden getäuscht hat, erscheint jedoch nicht sachlich gerechtfertigt.
Jüngsten Medienberichten zufolge (Spiegel Online „Weit mehr als "Auffälligkeiten"?“ vom 11.01.2019) wurde durch das Update auch noch eine weitere Abschalteinrichtung installiert. Dabei soll es sich um einen Softwarebefehl handeln, der dafür sorgt, dass sich die Abgasreinigung nach 1120 Sekunden anders verhält, also genau jene Zeit, die ein gewöhnlicher Abgastest dauert. Aus diesem Grund untersucht das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA), was für eine Funktion dieser Befehl innerhalb des Software-Updates ist und was er in der Motorsteuerung auslöst. Außerdem beurteilt das KBA, ob es sich auch bei dieser Funktion der Steuerungssoftware um eine unzulässige Abschaltautomatik handelt. Sollte das KBA erneut zu dem Ergebnis kommen, dass es sich bei dieser Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, wird für die Halter betroffener Fahrzeuge ein erneuter Rückruf verpflichtend sein.
Die neuesten Gerichtsurteile des Handelsgerichts Wien zeigen übrigens die Tendenz, den Geschädigten so gut wie den gesamten eingeklagten Schaden zuzusprechen.